Serbenführer vor Kriegsverbrechertribunal:Karadzic fordert Ende des eigenen Verfahrens

Der frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic hat die Richter vor dem UN-Tribunal aufgefordert, sein Verfahren nicht weiter zu verfolgen. Sein juristischer Beistand Robinason leugnete den Völkermord in Bosnien - und beantragt Freispruch.

Der wegen Kriegsverbrechen angeklagte frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic hat die Richter vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal aufgefordert, das Verfahrens gegen ihn einzustellen. "Die Ankläger haben eine große Anstrengung unternommen, um zu versuchen, irgendeine Art von Anklage aus nichts zu machen", sagte Karadzic vor dem Gericht in Den Haag. Er habe das Massaker in der ostbosnischen Enklave Srebrenica im Jahr 1995, bei dem innerhalb weniger Tage tausende bosnisch-muslimische Jungen und Männer getötet wurden, nicht vorhersehen können, sagte er.

Bei einer Anhörung forderte auch Karadzics juristischer Beistand Peter Robinson, den 66-Jährigen in allen elf Hauptanklagepunkten freizusprechen. "Es hat 1992 keinen Völkermord in bosnischen Gemeinden gegeben", deshalb könne das Gericht den ehemaligen Präsidenten der bosnisch-serbischen Republik auch nicht des Völkermords schuldig sprechen, begründete Robinson seine Forderung.

Karadzic wird Völkermord in Srebrenica und eine lange Liste anderer Kriegsverbrechen vorgeworfen. Er soll für eine blutige Kampagne bosnisch-serbischer Truppen verantwortlich gewesen sein, um Muslime und Kroaten aus Teilen Bosniens zu eliminieren. Er ist auerdem wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt, weist jedoch alle Vorwürfe zurück.

Karadzic verteidigt sich auf eigenen Wunsch selbst, dabei hilft ihm ein Team von Experten unter der Leitung Robinsons. Laut den Verfahrensregeln ist jeder Angeklagte berechtigt, nach dem Abschluss des Beweisverfahrens seinen Freispruch zu beantragen. Dieses endete im Prozess gegen Karadzic am 25. Mai. Die Richter werden sich zu dem Antrag vor Beginn des Beweisverfahrens der Verteidigung äußern, der ist für den 16. Oktober vorgesehen.

© Süddeutsche.de/dapd/AFP/ina - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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