Es reicht freilich nicht, falsche Rezepte zurückweisen. Die Europäer müssen die EU kurieren, in dem sie sie demokratischer und begreifbarer machen - und einfühlsamer gegenüber griechischen Arbeitslosen, französischen Stahlarbeitern, polnischen Kleinbauern. Europa muss die Empathie zeigen, zu der die Putins und Trumps unfähig sind. Dann wird es nicht mehr nur als Europa der Konzerne wahrgenommen, sondern auch als Europa der Bürger akzeptiert. Trump trompetet: "America first!" Die EU wird ihre Probleme nur lösen, wenn ihre nationalen Politiker öfter nach dem Motto handeln: Europa zuerst.
Im Äußeren werden die Europäer ihre Freiheit behaupten müssen, selbstbestimmt zu leben. Die Zeiten, in denen sich die USA darum kümmerten, sind wohl vorbei. Putin oder Trump werden nur eine EU respektieren, die sich wehren kann. Alleine können das Dänen, Litauer oder Deutsche nicht. Daher sollten möglichst viele EU-Staaten eine gemeinsame Verteidigung aufbauen, die einen Ausfall der Nato ausgleichen könnte.
Viele Europäer sind heute verängstigt. Dabei besteht die EU aus einer halben Milliarde Menschen, die wirtschaftlich eine Weltmacht sind. Wenn sie mehr Selbstbewusstsein als Europäer entwickeln und akzeptieren, dass sie in ihre Verteidigung investieren müssen, wird Europa frei und friedlich weiterleben. Das ist es auch jenen Menschen in China, Arabien oder Afrika schuldig, für die Europa kein Kontinent der Krise, sondern der Hoffnung ist.
Auch die Europäer könnten öfter auf das achten, was gerade gut läuft in Europa. Da gibt es nichts? Da gibt es vieles. Die 27 anderen EU-Staaten reagieren ziemlich cool auf den Brexit. Sie sind sich einig, dass Großbritannien nicht Vorteile einheimsen darf, ohne Lasten mitzutragen. In Österreich wird ein Pro-Europäer als Bundespräsident vereidigt. In Deutschland führt der Herzenseuropäer Martin Schulz die SPD gegen die Kopfeuropäerin Angela Merkel (CDU) in den Wahlkampf. In Frankreich ist der liberale Europafreund Emmanuel Macron der Star der Präsidentschaftskampagne.
Putin, Trump, Brexit, Nationalisten: Viele Europäer schrecken hoch. Das ist gut, denn sie werden kämpfen müssen, damit der Geist Europas weiterwirken kann.