Nach Messerattacke in Dresden:Seehofer erwägt Abschiebungen nach Syrien

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Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will prüfen, ob Abschiebungen nach Syrien möglich sind. (Foto: Pool/Getty Images)

Die tödliche Messerattacke eines mutmaßlichen Islamisten befeuert die Asyl-Debatte: Der Bundesinnenminister will nun dafür eintreten, Geflüchtete wieder in befriedete Gegenden Syriens abzuschieben.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will prüfen, ob Abschiebungen nach Syrien möglich sind. "Ich werde sehr dafür eintreten, dass wir überprüfen, ob man nicht nach Syrien in die befriedeten Gebiete abschieben kann, aber bisher war die Einschätzung des Auswärtigen Amts eine andere", sagte Seehofer am Donnerstagabend am Rande der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst in Potsdam.

Die Debatte über den Abschiebestopp nach Syrien war von der tödlichen Messerattacke von Dresden angestoßen worden. Am 4.Oktober hatte ein mutmaßlich islamistischer Syrer zwei Männer in Dresden mit einem Messer angegriffen und einen davon getötet. Der 20 Jahre alte Tatverdächtige war von den sächsischen Sicherheitsbehörden schon 2017 als Gefährder eingestuft worden und wurde observiert. 2019 wurde ihm der Status als Flüchtling aufgrund von Straftaten aberkannt. Erst am 29. September war er aus einem Jugendgefängnis entlassen worden. Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen übernommen. Sie geht von einem radikal-islamistischen Hintergrund aus.

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Der Messerstecher von Dresden war als islamistischer Gefährder bekannt - trotz Überwachung konnte er sich offenbar die Tatwaffe besorgen. Die Sicherheitsbehörden finden, sie hätten alles richtig gemacht.

Von Ulrike Nimz und Antonie Rietzschel

Der Tatverdächtige konnte zuvor aufgrund des Abschiebestopps nach Syrien nicht in sein Heimatland zurückgebracht werden. Deutschland schiebt Syrer derzeit wegen der Lage in dem Bürgerkriegsland nicht in ihre Heimat ab. Die Innenministerkonferenz hatte den geltenden Abschiebestopp für das Bürgerkriegsland Syrien im Juni bis Jahresende verlängert. Seit 2011 herrscht in Syrien Krieg. Deutschland verhängte 2012 erstmals einen Abschiebestopp, der seither regelmäßig verlängert wird. Immer wieder werden Forderungen vor allem aus unionsgeführten Ländern laut, zumindest all jene nach Syrien abzuschieben, die in Deutschland schwere Straftaten begangen haben. Vor der letzten Innenminister-Entscheidung gab das Auswärtige Amt aber die Einschätzung ab, dass keine Region des Konfliktlandes sicher für Rückkehrer ist. Menschenrechtler hatten darauf verwiesen, dass das syrische Regime Menschen systematisch foltere.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) unterstützt Seehofers Forderungen. Herrmann sagte der Welt und weiteren Medien: "Wer in unserem Land schwere Straftaten bis hin zum Mord begeht oder als Gefährder auftritt, kann doch nicht allen Ernstes erwarten, dass er bei uns Hilfe oder Schutz findet." Er forderte die Bundesregierung und vor allem das Auswärtige Amt auf, endlich die Voraussetzungen zu schaffen, Rückführungen nach Syrien oder in Drittstaaten zu ermöglichen - "natürlich unter Beachtung der Menschenrechte und bei differenzierter Betrachtung des Einzelfalls". Auch Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) hatte gefordert, schwere Straftäter und Gefährder von dem Abschiebestopp nach Syrien auszunehmen.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte Bild: "Wer einen terroristischen Anschlag verübt, hat sein Gastrecht verwirkt. Eine sofortige Abschiebung ist für mich wünschenswert." Aber natürlich müssten "alle rechtlichen Fragen und die Hintergründe" geklärt werden. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), hatte über eine Sprecherin mitgeteilt, er stelle den Abschiebestopp nicht infrage.

Der Tatverdächtige war nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis observiert worden

Details zu den bisherigen Ermittlungen zu der Messerattacke und insbesondere zur Motivlage sind kaum bekannt. Bei einer Pressekonferenz in Dresden mussten sich die Sicherheitsbehörden am Donnerstag auch die Frage gefallen lassen, warum die Bluttat nicht verhindert wurde. Der Tatverdächtige war nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis observiert worden, sogar am Tag der Tat - allerdings nicht rund um die Uhr. Nach Angaben des sächsischen Landeskriminalamtes fehlten dafür die rechtlichen Voraussetzungen. Der Maßnahmenkatalog habe eine enge Betreuung, nicht aber eine enge Bewachung vorgesehen, hieß es. Der Auflage, sich bei der Polizei regelmäßig zu melden, sei der junge Mann nachgekommen.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Die schreckliche Tat in Dresden zeigt, dass vom islamistischen Terrorismus nach wie vor eine große Gefahr in Deutschland ausgeht." Das Bundesamt beziffert das Islamismuspotenzial in Deutschland im Verfassungsschutzbericht für 2019 auf gut 28 000 Personen. Das "islamistisch-terroristische Potenzial" werde auf 2060 Personen geschätzt, so die Funke-Zeitungen. Nach einer Umfrage unter den Bundesländern sitzen weit mehr als 100 Islamisten in deutschen Gefängnissen ein.

Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) warnte unterdessen vor Vorurteilen gegenüber Flüchtlingen. Es sei jetzt wichtig, keine pauschalen Urteile zu fällen. Hunderte Flüchtlinge aus Syrien hätten sich in Dresden ein neues Leben aufgebaut und würden sich an Recht und Gesetz halten.

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