Schwarz-Gelb in Panik:Pfusch zum reduzierten Steuersatz

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Die NRW-Vielredner Rüttgers und Pinkwart kritisieren die Mehrwertsteuersenkung für Hotels - und machen Wahlkampf gegen die eigene Koalition.

Nico Fried

Andreas Pinkwart hat genügend Ämter, in denen er eine Mehrwertsteuersenkung für Hotels hätte verhindern können: Pinkwart ist stellvertretender FDP-Vorsitzender, focht aber bei den Koalitionsverhandlungen für die Steuersenkung. Pinkwart ist Vize-Ministerpräsident der Landesregierung in Düsseldorf, die aber im Bundesrat für die Steuersenkung stimmte.

Sie kritisieren die schwarz-gelbe Mehrwertsteuersenkung für Hotels - die sie selbst hätten verhindern können: Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU, rechts) und sein Vize Andreas Pinkwart (FDP) (Foto: Foto: dpa)

Außerdem hält Pinkwart noch das inoffizielle Amt eines liberalen Vielredners, weshalb in früheren Interviews leicht nachzulesen ist, wie toll er die Steuersenkung immer fand.

Jetzt aber fällt nicht nur die Mehrwertsteuer für Hotels, sondern auch die FDP in Umfragen. Pinkwart kommt das ungelegen, weil er für die Liberalen auch Wahlkämpfer in Nordrhein-Westfalen ist. In dieser Funktion distanziert er sich nun von seinen drei anderen Ichs und fordert, die Steuersenkung für Hotels auszusetzen.

Rüttgers, der große Korrektor

Er sagt, es sei gute Politik, ein schlechtes Gesetz zu korrigieren. Aber er verschweigt, dass fast alle Experten dieses Gesetz von Anfang an für schlecht hielten, und gute Politik darin bestanden hätte, gleich darauf zu verzichten.

Der christdemokratische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ist seinem Vize nun beigesprungen. Rüttgers ist ja sowieso der große Korrektor der deutschen Politik. Er ist immer überall dabei, um hinterher alsbald auf Fehler hinzuweisen und Vorschläge zu deren Beseitigung anzubieten. Rüttgers hat der Steuersenkung für Hotels im Bundesrat zugestimmt und dann gesagt, die Steuersenkung für Hotels sei nicht nachvollziehbar. Eine Bundesregierung, die alles in seinem Sinne machen würde, wäre für Rüttgers ein Albtraum, weil er dann gar nichts mehr zu korrigieren hätte.

Rüttgers und Pinkwart spiegeln freilich auch den Zustand der schwarz-gelben Koalition in Berlin zu Beginn jener Woche, die mit deren 100. Amtstag endet. Die Regierung Merkel steht mittlerweile da, wo die Regierung Schröder 2003 stand: Der Glanz des Sieges bei den Bundestagswahlen ist dahin, die eigenen Leute machen in wachsender Panik Landtagswahlkampf gegen den Bund.

Polit-Paradoxon auf vier Beinen

In Nordrhein-Westfalen ist das besonders delikat, weil dort im Mai auch die Mehrheit von Union und FDP im Bundesrat auf dem Spiel steht. Mit ihrem Steuer-Vorstoß sind Rüttgers und Pinkwart nun ein Polit-Paradoxon auf vier Beinen geworden: Sie werben für eine Mehrheit, aber gegen deren Politik.

Verwirrend muss das vor allem für die Sympathisanten der FDP sein. Die Liberalen lassen gerade im ganzen Land plakatieren: "Wort gehalten" - und nun sagt einer von ihnen, diese Politik sei falsch gewesen. Über den Murks der Vorgängerregierungen hat sich die FDP stets mokiert - und nun räumt der Parteivize selber Pfusch ein.

Exzellente erste Ergebnisse attestierte Guido Westerwelle jüngst der neuen Koalition im Bund - und nun sagt sein Stellvertreter, er sei mit deren Start gar nicht zufrieden. Schon bemerkenswert, dass gerade eine so bürgerliche Partei in Disziplinlosigkeit versinkt.

© SZ vom 01.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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