Schule:Stundenplan nach Schlafrhythmus

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So munter wie diese beiden Schülerinnen werden viele Jugendliche erst zur zweiten oder dritten Stunde - der Stundenplan passt nicht zu ihrem Schlafrythmus. (Foto: dpa)

Niedersachsen erlaubt einen späteren Beginn des Unterrichts. Glaubt man Schlafforschern, werden die Schüler bald bessere Noten schreiben.

Von Paul Munzinger

Das menschliche Gedächtnis ist ein berüchtigter Weichspüler, doch die Erinnerungen an das allmorgendliche Aufstehen in der Schulzeit klingen auch Jahre später noch schmerzlich nach. Das erste Schrillen des Weckers, das um 6.30 Uhr wie ein Blitz aus heiterem Himmel in die jugendlichen Träume fährt. Die Schlummertaste, die Rettung verspricht und das Unvermeidliche doch nur um wenige Minuten aufzuschieben vermag. Der mühsame Schulweg auf dem Fahrrad, während der Tag selbst noch die müden Glieder streckt. Die Nebelschwaden, die den Geist noch weit in die ersten Stunden hinein durchziehen und die binomischen Formeln an der Tafel verschwimmen lassen. Hat der Tag wirklich schon angefangen? Oder ist das alles nur ein böser Traum?

Viele Jugendliche, die jeden Schultag unter ähnlichen Qualen beginnen, dürften voller Hoffnung die österliche Nachricht aus Niedersachsen vernehmen: Das Kultusministerium in Hannover überlässt es künftig den Schulen, wann sie mit dem Unterricht beginnen; früher als 7.30 Uhr soll es nicht sein, nach hinten aber gibt es keine Grenze. Damit ermöglicht das Haus von Minister Grant Hendrik Tonne (SPD) das, was Schlafforscher seit Jahren fordern, in Deutschland ebenso wie etwa in den USA: den Schulbeginn nach hinten zu verschieben, um den Jugendlichen mehr Schlaf zu gönnen.

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Wenn 13- bis 18-Jährige völlig übernächtigt in der Schule sitzen, dann habe das nur in Einzelfällen damit zu tun, dass sie zu lange vor dem Computer gesessen oder in der Disco gefeiert hätten, sagt der Münchner Chronobiologe Till Roenneberg. Es liege vor allem am natürlichen Schlafrhythmus, der bei Jugendlichen anders ticke als bei Kindern oder Erwachsenen. Sie schlafen später, dafür länger, zumindest in der Theorie.

In der Realität aber zwinge der frühe Schulbeginn sie aufzustehen, wenn ihre innere Uhr gerade Mitternacht schlägt. Es ist wie bei Eulen, die das Leben von Lerchen führen müssen. Die Folge: eine Art Dauerjetlag, fehlende Konzentration, schlechte Noten. Eine absurde Situation, findet Roenneberg; den Acht-Uhr-Start in die Schule hält er gar für eine Diskriminierung "später Chronotypen". Wie viel schon eine Stunde mehr oder weniger ausmachen kann, ist derzeit vielen Menschen bewusst, denen die Zeitumstellung am vorvergangenen Wochenende noch in den Knochen steckt.

Tatsächlich stellen es viele Bundesländer wie nun Niedersachsen den Schulen frei, wann der Unterricht beginnt. Einige fangen später an, ein Gymnasium in Nordrhein-Westfalen hat vor zwei Jahren ein Gleitzeitmodell eingeführt. Oberstufenschüler entscheiden dort selbst, ob sie zur ersten oder zweiten Stunde kommen.

Doch dass diese Beispiele Schule machen, bezweifelt Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands. Er verweist auf praktische Zwänge: die starre Taktung der Schulbusse, die Betreuung der Kinder, die auch am Morgen sichergestellt werden muss. Und vor allem die Zahl von Schulstunden, die sich mit späterem Beginn nicht verringern, sondern in den Nachmittag verlagern würde.

Die Schüler eines Berliner Gymnasiums hatten 2009 die Wahl, ob sie später loslegen wollen. Die Mehrheit war dagegen. Ihre Freizeit war wohl doch wichtiger als ihre innere Uhr.

© SZ vom 03.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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