Schuldenkrise in Griechenland:Parlament billigt Sparpaket - Krawalle in Athen

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Begleitet von schweren Krawallen stimmen die Parlamentarier in Athen kurz vor Mitternacht einem harten Sparpaket zu. Diese Zustimmung ist die wichtigste Voraussetzung für weitere Notkredite der internationalen Troika in Höhe von 130 Milliarden Euro, ohne die Griechenland im März pleitegehen würde. Nach der Abstimmung schließen die Regierungsparteien 43 Abgeordnete aus, die sich dem Vorschlag der Sozialisten und Konservativen verweigerten.

Kai Strittmatter

Nun also doch: Das griechische Parlament stimmte in der Nacht zum Montag dem von der Europäischen Union und dem Internationalem Währungsfonds (IWF) geforderten Sparpaket zu. Damit hat Athen eine wichtige Hürde für weitere Notkredite in Höhe von 130 Milliarden Euro genommen.

Für das Gesetz stimmten 199 Abgeordnete, 74 votierten dagegen. Die griechische Regierungskoalition schloss anschließend 43 Abgeordnete aus ihren Reihen aus. Als Grund wurde deren Abstimmungsverhalten genannt. Die Sozialisten verbannten 22 ihrer Abgeordneten, die Konservativen 21.

Ohne die neuen Kredite von EU und IWF wäre Griechenland im März pleite. Das am Sonntag von der Koalition aus sozialistischer Pasok und konservativer Nea Dimokratia (ND) verabschiedete Sparpaket soll zu Einsparungen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro noch in diesem Jahr führen. Unter anderem sinkt nun der Mindestlohn um 22 Prozent auf unter 590 Euro, und es werden 150.000 Staatsangestellte bis zum Jahr 2015 entlassen. Viele Griechen leiden bereits jetzt unter den Gehaltskürzungen und Steuererhöhungen des letzten Jahres, das Land steckt im fünften Jahr einer Rezession.

Während der Abstimmung eskalierten in den Straßen von Athen die Proteste gegen die neuen Sparmaßnahmen. Zehntausende Athener hatten zuvor auf dem Syntagmaplatz vor dem Parlament gegen das neue Sparpaket demonstriert, eine große Mehrheit friedlich. Schlachten zwischen einer Hundertschaft vermummter Randalierer und der Polizei führten jedoch später zu einer Eskalation, wie sie Athen schon lange nicht mehr gesehen hat.

Die Vermummten warfen Steine und Brandsätze, die Polizei setzte Blendgranaten ein und eine solche Menge Tränengas, dass es ins Parlamentsgebäude eindrang und auch Stadtteile weit entfernt von der Innenstadt bedeckte. Unter anderem fingen zwei Kinos, eine Bank und Cafés Feuer. Das Gesundheitsministerium meldete, die Krankenhäuser hätten 54 verletzte Demonstranten behandelt. Premier Lukas Papadimos verurteilte die Ausschreitungen. "Vandalismus, Gewalt und Zerstörung haben keinen Platz in einem demokratischen Land", sagte er

Premier Papadimos warnte vor "ökonomischem Chaos"

In der Debatte vor der Abstimmung hatten Papadimos und die Führer der Regierungsparteien Pasok und Nea Dimokratia eindringlich vor einer Ablehnung des Sparpaketes gewarnt: Den Griechen drohten im Falle eines Bankrottes ungleich größere Leiden als durch die Sparpakete. Premier Papadimos prophezeite "ökonomisches Chaos" und eine "soziale Explosion". Der Staat könnte dann Löhne und Renten nicht mehr auszahlen, sagte der Premier, Krankenhäuser und Schulen würden nicht mehr funktionieren: "Wir sind nur einen Atemzug entfernt von Ground Zero".

Der sozialistische Finanzminister Evangelos Venizelos sagte, es gebe "nur wenige solche Momente in der Geschichte einer Nation." Für Griechenland gehe es nun ums Überleben.

Schäuble: "Die Griechen müssen den Boden einziehen"

In Berlin machten am Sonntag Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Außenamtschef Guido Westerwelle (FDP) vor der Athener Abstimmung deutlich, dass Griechenland mit keinen weiteren Zugeständnissen mehr rechnen könne. "Jetzt zählen nur noch Taten", sagte Westerwelle. Das Land müsse mit Reformen anfangen, und zwar "nicht irgendwann, sondern jetzt".

Schäuble sagte der Welt am Sonntag, die Rettung Griechenlands sei schwieriger als die Bewältigung der deutschen Vereinigung, "weil die Einsicht, dass man etwas ändern muss, und zwar dramatisch, bei vielen in Griechenland noch wachsen muss". Das Land dürfe nicht zu einem Fass ohne Boden werden, sagte Schäuble. "Deswegen müssen die Griechen endlich den Boden einziehen", so der Minister. "Dann können wir auch etwas reintun."

© SZ vom 13.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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