Nur 13 Monate nach Amtsantritt hat Schottlands Regierungschef Humza Yousaf seinen Rückzug angekündigt. Der 39-Jährige sagte in Edinburgh, er wolle noch im Amt bleiben, bis ein Nachfolger gefunden sei. Es sei an der Zeit, dass jemand anderes Schottlands Regierung führe, so Yousaf, der auch als Vorsitzender der für die Unabhängigkeit eintretenden Scottish National Party (SNP) zurücktritt. Das Parlament hat nun 28 Tage Zeit, einen neuen First Minister zu wählen, bevor es Neuwahlen geben muss.
Yousafs SNP hat nach dem Bruch der Regierungszusammenarbeit mit den Grünen keine Mehrheit mehr im Regionalparlament. Die Opposition hat für Ende der Woche Misstrauensvoten gegen den „First Minister“ selbst sowie gegen seine Regierung angekündigt. Die Grünen hatten Yousaf bereits zum Rücktritt aufgerufen, die Labour-Partei forderte Neuwahlen.
Der „Erste Minister“ hatte die Regierungskrise am Donnerstag ausgelöst, als er den Koalitionsvertrag mit den Grünen aufkündigte, die zwei Kabinettsposten hielten. Anlass war unter anderem ein Streit um die Verwässerung der schottischen Klimastrategie. Seine Regierung hatte bekanntgegeben, ein bereits festgeschriebenes Klimaziel streichen zu wollen, nämlich das Vorhaben, die Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase bis 2030 um 75 Prozent zu reduzieren. Das hatte zu Ärger beim grünen Koalitionspartner geführt.
Yousaf habe ein „sehr schlechtes Urteilsvermögen“ bewiesen, als er die Koalitionsvereinbarung aufkündigte und damit eine Mehrheitsregierung von Unabhängigkeitsbefürwortern zu Fall brachte, sagte Lorna Slater, Co-Vorsitzende der schottischen Grünen, der britischen Zeitung The Telegraph.
Einen Favoriten für die Nachfolge gibt es schon
Als Nachfolger für eine mögliche Interimsregierung wird der erfahrene Parteifunktionär John Swinney gehandelt, der von 2014 bis 2023 bereits stellvertretender Regierungschef war. Im Rennen sind außerdem Yousafs Stellvertreterin, Shona Robison, die zweite stellvertretende Ministerin in der Regierung und der stellvertretende Parteivorsitzende Keith Brown sowie die ehemalige Finanzministerin Kate Forbes, schreibt der Guardian.
Yousaf war Ende März 2023 nach dem Rücktritt von Nicola Sturgeon ins Amt gekommen. Er wirkte unter der langjährigen Regierungschefin als Gesundheitsminister und galt als ihr Vertrauter. Seit seinem Amtsantritt musste die Unabhängigkeitspartei SNP aber mehrere Rückschläge hinnehmen. Ein liberales Gendergesetz, das auch innerhalb der SNP umstritten war, wurde von der britischen Zentralregierung per Veto verhindert. Hinzu kommt eine Finanzaffäre. Darin wurde jüngst Sturgeons Ehemann Peter Murrell, der als SNP-Generalsekretär für die Parteifinanzen zuständig war, wegen Veruntreuung angeklagt. Die SNP war in Schottland zwar seit 2011 an der Regierung beteiligt, musste allerdings stetig schwindende Zustimmungswerte hinnehmen.