Schlüsselstaat Florida:Rassismus-Streit am ersten Wahlkampftag

Lesezeit: 3 min

Ron DeSantis bei einem Wahlkampfauftritt mit Donald Trump Ende Juli. (Foto: Chris O'Meara/AP)
  • Ein Hardcore-Trumpist und ein Demokrat vom Bernie-Sanders-Flügel wollen Gouverneur von Florida werden.
  • Bereits am ersten Tag des Wahlkampfs gibt es Rassismus-Vorwürfe.

Von Johannes Kuhn, Austin

Am Dienstag hatte Ron DeSantis bei der Vorwahl der Republikaner triumphiert, nicht einmal 24 Stunden später war der Kandidat für das Gouverneursamt in Florida bereits in eine Rassismus-Kontroverse verstrickt.

Der 39-Jährige hatte auf seinem Stammsender Fox News seinem Gegner Andrew Gillum ein vergiftetes Lob mit auf den Weg gegeben. Gillum ist der Bürgermeister von Tallahassee, gilt als Vertreter des linken Flügels der Demokraten und hatte am Vorabend überraschend die Vorwahlen seiner Partei gewonnen. Sein gleichaltriger Konkurrent sei ein artikulierter Redner, so DeSantis gönnerhaft, aber "viel zu links".

Und dann richtete er eine Aufforderung an die Wähler, die nicht direkt zu übersetzen ist: "The last thing we need to do is to monkey this up by trying to embrace a socialist agenda."

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Das Verb "monkey up" existiert nicht, sinngemäß lässt sich die Aussage mit "wir sollten dem keinen Auftrieb geben, indem wir eine sozialistische Agenda unterstützen" übersetzen. Doch "monkey" bedeutet eben auch Affe - und Gillum ist schwarz. Genauer gesagt ist er der erste afroamerikanische Gouverneurskandidat in der Geschichte Floridas.

"Dog-Whistling", also die Benutzung der Hundepfeife, nennt sich jener Rassismus, der Anspielungen und Stereotype über Afroamerikaner liefert. In den Stunden nach DeSantis' Äußerung entspann sich eine Diskussion darüber, ob er nun die Hundepfeife benutzt hatte. Er habe nur ein Argument gegen die Positionen des Demokraten vorgebracht, sagte seine Sprecherin. Das sei keine Hundepfeife, sondern ein Megafon, erklärte Gillum selbst, um dann hinzuzufügen, dass er die Bürger des Bundesstaats zusammenbringen und keine Spaltung betreiben werde.

Niemand bezweifelt, dass bis zum Wahltag im November weitere Tiefpunkte folgen werden. Nicht nur, dass der Sonnenschein-Staat einer jener Landflecken ist, in dem die Mehrheiten knapp und Siege Signalwirkungen haben. Sondern auch, weil in den beiden Kandidaten die Entwicklungen der Trump-Ära kulminieren.

DeSantis machte als Anti-Obama-Hinterbänkler im Repräsentantenhaus kaum Schlagzeilen. Dies änderte sich, als US-Präsident Donald Trump ihn vergangenen Dezember zu seinem Favoriten erklärte. Mehr als 120 Auftritte absolvierte er danach auf dem Fox-Netzwerk, als gekaufte Wahlwerbung hätte ihn die Sendezeit Berechnungen zufolge neun Millionen Dollar gekostet.

Wie er sich der republikanischen Basis als eifriger Trump-Anhänger zu präsentieren versuchte, nahm stellenweise bizarre Züge an: In einem Werbespot ließ DeSantis seine Tochter mit Bauklötzen die Grenzmauer zu Mexiko bauen und las seinem Sohn, der mit "Make-America-Great-Again"-Strampler im Babybett zu sehen ist, aus Trumps Buch "Art of the Deal" vor. "Die Leute sagen, dass Ron völlig Trump ist. Aber er ist so viel mehr", gibt seine Ehefrau Casey zu Protokoll.

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Kritiker sahen in ihm ein "Trump-Hologram" ohne Programm. Der konservativen Basis genügte das aber, um ihn Floridas Landwirtschaftsminister Adam Putnam vorzuziehen.

War DeSantis' Sieg in den vergangenen Monaten absehbar, hatte Gillums Erfolg fast niemand erwartet. Der 39-Jährige setzte sich gegen die Politikerin Gwen Graham durch, deren Vater Gouverneur und Senator war. Ihre Niederlage ist ein weiteres Signal dafür, dass Politik-Dynastien keine Freifahrtsscheine mehr erhalten.

Gillum gilt als charismatisch und hatte eine breite Basis vom aktivistischen Teil der Demokraten hinter sich, zudem unterstützten Bernie Sanders und der Milliardär Tom Steyer seine Kandidatur. Zu seinem Wahlprogramm gehören eine allgemeine Gesundheitsversichung, eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns sowie die Abschaffung der Abschiebebehörde ICE.

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Obwohl die Mehrheitsverhältnisse knapp sind, sind die Regionen Floridas politisch klar zuzuordnen. Der Norden grenzt an die Golfküste, die Strände dort sind unter dem wenig schmeichelhaften Namen "Redneck Riviera" bekannt. Kulturell ist die Gegend mit ihrem stark evangelikalen Einschlag und pensionierten Ex-Soldaten dem amerikanischen Süden zuzurechnen und konservativ.

Der Süden rund um Miami wiederum spricht weitestgehend spanisch und vereint Einwanderer und Eingesessene aus Lateinamerika und der Karibik. Dort dominieren die Demokraten. Einzig in der Mitte rund um Tampa und Orlando teilen sich die Lager: Demokraten mit Wurzeln in Puerto Rico und Zentralamerika, weiße Vorstadt-Familien mit unterschiedlichen politischen Vorlieben, dazu Golfkart fahrende und Republikaner wählende Bewohner der Rentnerkolonien.

Im Wahlkampf werden beide Kandidaten nichts auslassen, ihren Gegner als Extremisten zu porträtieren. Auch die Korruptionsermittlungen des FBI im Rathaus von Tallahassee, von denen Gillum eigenen Aussagen zufolge nicht betroffen ist, werden in den Fokus rücken. Am Ende wird, wie auch bei der Präsidentschaftswahl, die Wähler-Mobilisierung entscheiden.

Die ist in den Midterms bei Republikanern traditionell stärker, so wie sich der gesamte Staat zuletzt in Richtung der Konservativen zu neigen schien. Ein Sieg Gillums würde Florida mit einem Schlag plötzlich deutlich linker als angenommen erscheinen lassen. Dies wäre tatsächlich historisch: Der letzte demokratische Gouverneur wurde 1994 gewählt - vor fast 25 Jahren also.

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