Stegner kämpft um SPD-Vorsitz:Tag der Entscheidung

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Es wird spannend an der Waterkant: Die Delegierten beim SPD-Parteitag stimmen darüber ab, ob Ralf Stegner ihr Landesvorsitzender bleiben soll - es könnte der entscheidende Tag seiner Karriere werden.

Ralf Wiegand

Für Ralf Stegner, Landesvorsitzender der SPD in Schleswig-Holstein, ist es vielleicht der entscheidende Tag seiner Karriere. An diesem Samstag stimmen die Delegierten beim Parteitag in Husum darüber ab, ob Stegner weiter die Partei führen soll oder ob Uwe Döring aus dem parteipolitischen Ruhestand heraus an die Spitze rücken wird.

Dem SPD-Landesvorsitzenden von Schleswig-Holstein, Ralf Stegner, steht ein schwerer Tag bevor. (Foto: dapd)

Das Duell zwischen dem streitlustigen linken Kämpfer Stegner, 51, und dem besonnenen Ex-Arbeitsminister Döring, 64, ist ein spannendes Stück Landespolitik, das im Kleinen an die großen SPD-Duelle erinnert. Wie einst bei Lafontaine gegen Scharping oder bei Schröder gegen Lafontaine dürfte sich ein politisches Schicksal entscheiden - in diesem Fall von Ralf Stegner.

Der ehemalige Innenminister Stegner führt die SPD im Norden seit vier Jahren, doch das bedingungslose Vertrauen der Parteibasis hat er in dieser Zeit nie gewonnen. Als Fraktionschef der Sozialdemokraten galt er in Zeiten der großen Koalition als ständiger Provokateur, der in den Augen vieler Mitglieder gar die Regierungsfähigkeit der SPD in Frage gestellt hat. Die jüngsten Landtagswahlen bestritt er als Spitzenkandidat - und verlor sie historisch hoch. Trotzdem wollte er auch bei den nächsten Wahlen im Mai 2012 wieder antreten, um Ministerpräsident in Kiel zu werden. Doch die Partei fand einen Gegenkandidaten, den Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig, 47. Der ehemalige Sprecher des früheren Bundesfinanzministers Peer Steinbrück gewann den Mitgliederentscheid deutlich, er fordert nun den designierten CDU-Kandidaten Christian von Boetticher im Kampf um die Nachfolge von Peter Harry Carstensen (CDU) heraus.

Die Meinung, dass er nicht Vorsitzender einer Partei bleiben könne, die ihn als Spitzenkandidat für nicht geeignet hält, hat Stegner aber nicht übernommen. Er hat stattdessen mit seinem Kontrahenten Albig nach dessen Sieg umgehend paktiert: Stegner unterstützt dessen Kandidatur, Albig hält dafür zu Stegner als Landesvorsitzenden. Der Deal spaltete die Basis der SPD: Ihr war zunächst vermittelt worden, mit dem kantigen Stegner sei keine Wahl zu gewinnen - aber als Parteiführer soll sie ihm zujubeln? Es begann umgehend die Suche nach einer Alternative - die schnell bei Uwe Döring ankam.

Er habe, sagt Döring, noch nie erlebt, dass fremde Leute auf der Straße auf ihn zugekommen seien, aber seitdem seine Bewerbung um den Landesvorsitz feststehe, "sprechen mich Menschen an und sagen ,gut, dass du das machst'". Er habe das Gefühl, seine Partei brauche jemanden, der Gräben zuschüttet, der die Nord-SPD wieder eint, "und derjenige darf mit den Personalquerelen der jüngeren Zeit nichts zu tun haben". Döring, ein Mann der Mitte, ist ein unabhängiger Kopf, beschäftigt sich beruflich mit erneuerbaren Energien, hat ein Büro in China eröffnet: "Meine Lebensperspektive war eine andere, ich muss das nicht machen, ich habe nichts zu verlieren."

Ralf Stegner schon: In Kiel gilt als unvorstellbar, dass der Berufspolitiker bei einer weiteren Niederlage in einer Kampfabstimmung später im Parlament oder einem künftigen SPD-Kabinett noch eine große Zukunft hätte - spätestens mit Ende der Legislaturperiode müsste er sich wohl etwas Neues suchen. Doch Stegner kann kämpfen und kennt alle Kniffe. Am Donnerstag trat er zur Verblüffung von Freund und Feind gemeinsam mit seinem ehemaligen Rivalen Albig vor der Presse auf, am Freitag publizierten mehrere Kreisverbände ihre Unterstützung für ihn.

Aber wie die Delegierten den Schulterschluss zwischen Stegner und Albig - die sich im Kampf um die Spitzenkandidatur noch persönlich attackiert hatten - gegen Döring bewerten werden, ist noch offen. Die politischen Gegner wie FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki wundern sich jedenfalls über einen "Affront gegen den Kandidaten Döring und die Delegierten", denen, so Kubicki, "jede Form eigener demokratischer Willensbildung" genommen werden solle. Stegners Kurs, die SPD "zur Kaderpartei zu machen", werde auf diese Art unterstützt. Auch im Lager der Grünen, die Stegner als natürlichen nächsten Koalitionspartner sieht, notierte ein Spitzenfunktionär "ein absurdes SPD-Schauspiel, dass es der Sau graust".

Der Showdown von Husum gilt als vollkommen offen; nur wird er für die SPD Folgen haben, die bis zur Wahl wirken dürften. Gewinnt Döring, ist Spitzenkandidat Albig extrem beschädigt. Gewinnt Stegner, droht Albig hinter dem dann wieder gestärkten, tiefroten Meinungsführer unterzugehen.

© SZ vom 09.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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