Schäuble und Guttenberg:Sisyphos und der Baron

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Während sich Jungstar Guttenberg als Verteidigungsminister noch beweisen muss, ist Schäuble auf das Amt des Finanzministers bestens vorbereitet. Dennoch tritt er sein bisher schwerstes Amt an.

Heribert Prantl

Wolfgang Schäuble als Bundesfinanzminister, Karl-Theodor zu Guttenberg als Bundesverteidigungsminister: Die Personalie Schäuble ist für die meisten überraschend, weil man sie nicht erwartet hat.

Wolfgang Schäuble hat sich, wenn man so will, ein Leben lang auf das Amt als Finanzminister vorbereitet: Er hat sein Berufsleben als Regierungsrat am Finanzamt begonnen, und später, als er seine politische Karriere als Landtagsabgeordneter begann, war er Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Steuerrecht. Und gerade in letzter Zeit hat er viele Reden zur Finanzpolitik gehalten.

Guttenberg hat in seiner kurzen politischen Laufbahn auf vielen Terrains Beachtung gefunden - auch auf dem Gebiet der Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist er schon hervorgetreten. Er war der Außenpolitiker der CSU, bevor er Wirtschaftsminister wurde. Wenn er nun wirklich Verteidigungsminister wird, dann ist das nicht nur der Koalitionsarithmetik geschuldet, sondern auch den Interessen Guttenbergs.

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Bundesverteidigungsminister: Das war das Amt, das auch Franz Josef Strauß bekleidet hat. Das verpflichtet. Strauß musste allerdings wenig ruhmreich abtreten. Das muss Guttenberg besser machen.

Wolfgang Schäuble hat schon gezeigt, was er kann; Karl-Theodor zu Guttenberg muss es noch zeigen. Guttenberg ist ein noch ziemlich unbeschriebenes Blatt, Schäubles Blatt ist so dicht beschrieben, dass kaum noch etwas drauf passt: In seiner ersten Amtszeit als Innenminister unter Kanzler Kohl war er der Manager der deutschen Einheit.

Er hat die Deutschen vertragstechnisch zusammengeführt. In seiner zweiten Amtszeit als Innenminister unter Kanzlerin Merkel hat er versucht, die Alt- und die Neubürger in Deutschland zusammenzuführen. Wie kein Innenminister vor ihm hat er sich um die Integration gekümmert. Sein Ruf als "Law-and-Order"-Minister dürfte ihn nicht gefreut haben. Er hat sich immer anders gesehen. Deshalb ist für ihn das neue Amt auch eine Erlösung.

Auf das Zusammenführen in zwei Amtszeiten als Innenminister folgt nun das Herausführen: Als Finanzminister muss er Deutschland aus dem Schuldensumpf führen. Die Aufgabe ist schwer, sie ist noch schwerer als es die Aufgabe Schäubles einst als CDU-Vositzender nach Kohl war. Da sollte er die CDU aus dem Spendensumpf führen. Es war, wie man weiß, eine Sisyphosaufgabe. Auch den Sisyphos hat Schäuble also schon geprobt.

Er kann sich jetzt wieder die Anweisung an Sisyphos auf den Schreibtisch stellen, die Hans Magnus Enzensberger vor fünfzig Jahren in einem Gedicht geschrieben hat: "Was du tust, ist aussichtlos. Gut: du hast es begriffen, gib es zu, aber finde dich nicht damit ab, Mann mit dem Stein. Niemand dankt es dir."

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