Sanktionen gegen Teheran:"Wir sind daran gewöhnt"

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Für die verschärften Sanktionen gegen sein Land hat Irans Vizeaußenminister Ahani nur ein müdes Lächeln übrig. Er ist der Überzeugung: Die Strafmaßnahmen schaden auch deutschen Unternehmen.

Daniel Brössler

Wegen des Verdachts, dass Iran an Atomwaffen arbeitet, hat der UN-Sicherheitsrat neue Sanktionen gegen das Regime in Teheran verhängt. Auch auf Betreiben der Bundesregierung ist die Europäische Union nun noch darüber hinaus gegangen. Der iranische Vizeaußenminister für Europa, Ali Ahani, übt deshalb scharfe Kritik an Deutschland.

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad (vorn) bestreitet kriegerische Absichten. Hier beim Besuch der Nuklearanlage in Natans, südlich von Teheran. (Foto: dpa)

SZ: Die Europäische Union hat noch schärfere Sanktionen beschlossen als jüngst der UN-Sicherheitsrat. Welche Folgen hat das für Iran?

Ahani: Schon die neue UN-Resolution hat den Weg zu Verhandlungen erschwert. Dieser Weg wird noch schwieriger, weil die EU noch weiter geht. Iran wird deutlich reagieren. Die Verantwortung dafür trägt die EU. Leiden werden unter diesen Sanktionen am meisten die europäischen Unternehmen. Wir sind gewöhnt, mit Sanktionen umzugehen. Die Sanktionspolitik hat nicht mehr die Wirkung, die sie einst hatte.

SZ: Besonders der deutsche Außenminister Guido Westerwelle hat sich für die Verschärfung der Sanktionen ausgesprochen. Ärgert Sie das?

Ahani: Es tut uns leid, dass Herr Westerwelle diese Position eingenommen hat. Wir sind gegen den Bau der Atombombe und haben das auf höchster politischer Ebene bekanntgegeben. Sämtliche Nuklearaktivitäten stehen unter der Überwachung der Internationalen Atomenergiebehörde. Es gab mehr als 30 unangemeldete Kontrollen. Nennen Sie uns einen Mitgliedstaat, der so viel kooperiert hat mit dieser Behörde. Auf der einen Seite kritisiert Westerwelle die friedlichen Nuklearaktivitäten Irans, auf der anderen Seite liefert Deutschland Atom-U-Boote an Israel. Beide Positionen sind nicht miteinander vereinbar. Das zionistische Regime ist weder Mitglied des Atomwaffensperrvertrags, noch hat es irgendwelche internationale Regeln eingehalten.

SZ: Was folgt daraus?

Ahani: Seit Jahrzehnten spielen deutsche Unternehmen beim Aufbau der industriellen Infrastruktur in Iran eine entscheidende Rolle. Iran hat einen Markt von 70 Millionen Menschen. Wenn sie die Wahl haben, möchten sie lieber deutsche Produkte kaufen. Wenn es aber Probleme mit den Lieferungen gibt, suchen wir auf dem internationalen Markt natürlich nach anderen Produzenten. Es ist schade, dass Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Westerwelle durch die Forderung nach verschärften Sanktionen den eigenen deutschen Unternehmen schaden.

SZ: Sie behaupten, dass Iran seine internationalen Verpflichtungen erfüllt. Wie erklären Sie sich dann, dass auch Russland und China im Sicherheitsrat weiteren Sanktionen zugestimmt haben?

Ahani: Wir haben präzise Informationen darüber, dass die Amerikaner versucht haben, durch Druck, Drohungen und Versprechen Mitglieder des Sicherheitsrats dazu zu bewegen, diese Resolution zu verabschieden.

SZ: Die Türkei hat die Resolution abgelehnt. Sehen Sie in ihr einen neuen Verbündeten?

Ahani: Wir haben in verschiedenen Bereichen sehr gute Kontakte und Beziehungen zur Türkei. Die Türkei hat zusammen mit Brasilien alles daran gesetzt, um mit der Teheraner Erklärung über den Export von 1200 Kilo schwach angereichertem Uran aus Iran Vertrauen herzustellen. Beide Länder haben diese Initiative auf eine schriftliche Bitte von US-Präsident Barack Obama hin gestartet. Die UN-Resolution danach war ein Rückschlag.

SZ: Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hat ein Gesprächsangebot an Unterhändler Said Dschalili gemacht. Warum verweigert Iran Gespräche?

Ahani: Nach der Verabschiedung der neuen UN-Resolution hat Frau Ashton einen Brief an Herrn Dschalili gerichtet und sich bereiterklärt, eine neue Verhandlungsrunde zu starten. Hätte sie diesen Brief vorher geschickt, wäre eine schnelle Entscheidung möglich gewesen. Leider hat diese Resolution die Atmosphäre in unserer Öffentlichkeit und in unserem Parlament sehr negativ beeinflusst. Dieses Schreiben wird nun geprüft und in naher Zukunft wird es eine Antwort geben.

© SZ vom 18.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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