In der sächsischen Kreisstadt Pirna hat der Kandidat der AfD die Oberbürgermeisterwahl gewonnen. Der 53-jährige Tischlermeister Tim Lochner, der keiner Partei angehört, aber für die AfD antrat, erhielt etwa 39 Prozent der Stimmen. Im zweiten Wahlgang, in dem nur noch drei von ursprünglich fünf Kandidaten antraten, reichte die relative Mehrheit.
Die CDU-Politikerin Kathrin Dollinger-Knuth kam lediglich auf 31 Prozent. Ralf Thiele, der Kandidat der Freien Wähler, erreichte ein Ergebnis von 30 Prozent. Auch Lochner und Thiele waren früher CDU-Mitglieder.
Erstmals erringt ein von der AfD aufgestellter Kandidat damit einen Oberbürgermeisterposten. Zuvor war die AfD in diesem Jahr bereits zweimal kommunalpolitisch erfolgreich: Im Juni gewann sie erstmals eine Landratswahl - mit Robert Sesselmann im Landkreis Sonneberg in Thüringen. Im August wurde Hannes Loth in der Gemeinde Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt zum bundesweit ersten von der AfD gestellten hauptamtlichen Bürgermeister gewählt.
Den Sieg in der 40 000-Einwohner-Stadt Pirna dürfte die Partei, die vom sächsischen Landesverfassungsschutz vor gut einer Woche nach jahrelanger Prüfung als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde, als Beweis für ihre kommunale Verankerung in Sachsen sehen. Der sächsische AfD-Chef Jörg Urban sprach von einer Steilvorlage für die Landtagswahl am 1. September kommenden Jahres. Dann wolle die AfD an die 40-Prozent-Marke kommen, so Urban. Die OB-Wahl in Pirna zeige, "dass es geht". Eine Umfrage Ende August sah die AfD in Sachsen mit 35 Prozent als stärkste Partei. Zuletzt hatte eine Umfrage im Auftrag der Sächsischen Zeitung auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der AfD und der derzeit die Regierung anführenden CDU hingedeutet; beide kamen auf 33 Prozent.
In Pirna konnte der parteilose Amtsinhaber Klaus-Peter Hanke nicht erneut zur Wahl antreten. Bei der ersten Abstimmung Ende November, bei der nur etwa 50 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben hatten, erreichte keiner der fünf Bewerber die für diesen Wahlgang erforderliche absolute Mehrheit. Allerdings lag bereits damals AfD-Kandidat Lochner mit knapp 33 Prozent klar vorn. Ralf Wätzig, der von SPD und Grünen unterstützt wurde, sowie der parteilose Einzelkandidat André Liebscher waren abgeschlagen und riefen ihre Anhängerschaft auf, im zweiten Wahlgang für die CDU-Kandidatin Dollinger-Knuth zu stimmen. Außerdem versuchten mehrere Initiativen, bisherige Nichtwähler zu mobilisieren. Doch auch das konnte den Sieg der AfD in Pirna nicht verhindern. Die Wahlbeteiligung lag am Sonntag mit knapp 54 Prozent nur leicht höher als beim ersten Wahlgang.
Lochner bedankte sich nach der Wahl bei seinen Unterstützern und erklärte: "Ich verspreche, ich ziehe die sieben Jahre durch." Die Dinge, die auf ihn zukämen, wolle er mit "Ruhe und Gelassenheit" angehen. Angesprochen auf seine früheren Äußerungen zu einem "Bevölkerungsaustausch" - eine in rechten Kreisen verbreitete Verschwörungserzählung - betonte Lochner, dass er dies als Privatperson gesagt habe. Er fügte hinzu: "Wenn wir einen Ausländeranteil in gewissen Stadtteilen haben von 38 Prozent an Grundschulen und Kitas, dann ist das für mich schon ein Austausch der einheimischen Bevölkerung."