Russlandreise des Wirtschaftsministers:Gabriel will mit Putin auch über Syrien sprechen

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Der deutsche Wirtschaftsminister ist für das Treffen mit Putin nach Moskau gereist. (Foto: dpa)
  • Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist zu Gesprächen mit Russlands Präsident Putin nach Moskau gereist.
  • Eigentlich sollte es um die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern gehen. Gabriel setzt sich für einen schrittweisen Abbau der Sanktionen ein.
  • Das Treffen wurde von jüngsten politischen Entwicklungen überschattet. Gabriel kündigte an, mit Putin auch über Syrien und die Ukraine reden zu wollen.

Wieder einmal wird Sigmar Gabriel während einer Russlandreise vom Weltgeschehen eingeholt. Schon im März 2014, kurz nach seinem Amtsantritt, reiste der Wirtschaftsminister nach Moskau. Eigentlich sollte es um Wirtschaftsfragen gehen, die Reise war seit Längerem geplant. Dann annektierte Russland die Krim - und Gabriel war plötzlich der erste westliche Politiker, der nach der Krise mit Putin zusammentraf.

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Es ist ein Zufall der Geschichte: Eigentlich wollte Sigmar Gabriel nur kurz nach Moskau, um ein paar Wirtschaftsthemen zu besprechen. Und jetzt? Traf er Präsident Putin - auf dem Höhepunkt der Krim-Krise.

Von Nico Fried

"Irgendwie ist es mein Schicksal, in schwierigen Zeiten hierherzukommen", sagte Gabriel diesmal gleich zu Beginn des Treffens mit Putin, das in dessen Residenz bei Moskau stattfand. Und schob hinterher: "Der Angriff auf den Hilfskonvoi ist das Schlimmste, was ich mir vorstellen kann." Tatsächlich sind die Umstände auch bei dieser Reise alles andere als einfach. Am Montag wurde in Syrien ein UN-Konvoi bombardiert, danach lieferten sich Russland und die USA im UN-Sicherheitsrat einen Schlagabtausch. Am Mittwoch gab es noch einen weiteren Angriff auf eine medizinische Hilfsorganisation, vier Menschen starben. Russland und die USA sehen die jeweils andere Seite in der Verantwortung.

Gabriel will auch über Syrien und die Ukraine sprechen

Gabriel kündigte schon zu Beginn des Treffens an, mit Putin auch über die "schweren" Themen Syrien und Ukraine-Krise sprechen zu wollen - so kam es dann auch. Nach Abschluss der Gespräche erklärte Gabriel überraschend, dass Russland sich nicht weniger, sondern mehr Engagement der USA in Syrien wünsche.

Russland wolle erreichen, dass auch die Vereinigten Staaten Waffenstillstandsabkommen oder Hilfskonvois kontrollierten, sagte der SPD-Vorsitzende nach dem zweieinhalbstündigen Treffen. "Das ist ja einer der großen Konfliktfälle, dass die Amerikaner jedenfalls bislang nicht bereit sind, dafür entsprechend einzutreten."

Putin bekräftigte demnach ausdrücklich, an dem Friedensprozess in Syrien festzuhalten. Eine Verantwortung für den Vorfall habe er aber zurückgewiesen. Der SPD-Chef rief Putin nach eigenen Angaben auf, seinen Einfluss auf das Regime von Baschar al-Assad geltend zu machen. Die Stimmung des Gesprächs bezeichnete er als ausgesprochen gut und offen.

Noch während die Gespräche andauerten war aber auch bekannt geworden, dass Russland plane, einen Flugzeugträger an die Küste Syriens zu verlegen. Von diesem sollten russische Kampfflugzeuge in Richtung Festland starten, angeblich um Terroristen zu bekämpfen. Der Schritt war bereits seit längerem geplant, zur Entspannung dürfte er zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht beitragen.

Ein kleiner Lichtblick war hingegen, dass die Vereinten Nationen ankündigten, ihre Hilfslieferungen in Syrien schon am Donnerstag wieder aufnehmen zu wollen.

Gabriel und Putin sprachen aber auch über das Thema, das ursprünglich auf der Agenda stand: Die Handelsbeziehungen zwischen Russland und Deutschland. Putin hatte sich bereits im Vorfeld dafür ausgesprochen, die Beziehungen zu vertiefen. Die Bundesrepublik bleibe ein wichtiger Handelspartner, leider sei der bilaterale Handel aber rückläufig. Gabriels Besuch sei eine gute Gelegenheit, das zu ändern.

Gabriel hatte sich schon vor seine Reise wiederholt für eine Lockerung der Sanktionen stark gemacht: "Gemeinsam mit dem deutschen Außenminister setze ich darauf, dass die nach der Krim-Annexion verhängten Sanktionen schrittweise aufgehoben werden können", sagte er am Mittwoch. Die Strafmaßnahmen sollten in dem Maße aufgehoben werden, in dem man Fortschritte bei der Umsetzung des Minsker Abkommens erziele. Mit schnellen Ergebnissen sei aber nicht zu rechnen.

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Der deutsch-russische Handel ist in den vergangenen Jahren - wegen der Sanktionen und der Wirtschaftskrise in dem einst boomenden Schwellenland - drastisch zurückgegangen. Die deutschen Exporte haben sich seit 2012 von 38 auf knapp 21 Milliarden Euro nahezu halbiert. Die Zahl deutscher Unternehmen mit Präsenz in Russland verringerte sich von rund 6000 auf 5500.

Die Sanktionen wurden 2014 nach der Annexion der Krim und wegen der Kämpfe in der Ostukraine verhängt. Betroffen sind der russische Finanz-, Energie- und Rüstungssektor. Die EU machen eine Lockerung davon abhängig, ob die Friedensvereinbarungen von Minsk umgesetzt werden. Der darin ausgehandelte Waffenstillstand für die Ostukraine wurde aber wiederholt gebrochen. Auch andere Vereinbarungen wie der Abzug schwerer Waffen aus der Region sind noch nicht umgesetzt.

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