Russlandwahl:Nawalnaja protestiert in Berlin

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Julija Nawalnaja, Witwe von Alexej Nawalny, wartet in der Nähe der russischen Botschaft in Berlin, um wählen zu gehen. (Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP)

Die Witwe des toten Kremlgegners beteiligt sich an einer Aktion vor der russischen Botschaft. In Russland kommt es bei Protesten gegen die Präsidentschaftswahl zu Festnahmen.

87 Prozent haben russische Staatsmedien Kremlchef Wladimir Putin prognostiziert. Sollte das auch das offizielle Endergebnis sein, wäre das ein Rekord für Putin - und auch die Wahlbeteiligung liegt nach derzeitigem Stand auf dem höchsten Wert bei einer Präsidentschaftswahl jemals. Gleichzeitig aber gab es offenbar viele Menschen, die mit dem aktuellen Machthaber nicht einverstanden sind - und das trotz aller drohenden Repressionen auch zeigten.

So sind Bürgerrechtlern zufolge bei kremlkritischen Protestaktionen in Russland Dutzende Menschen festgenommen worden. Insgesamt zählte die Organisation OWD-Info bis zum Sonntagnachmittag landesweit mehr als 70 Festnahmen - rund 30 davon in der Stadt Kasan. Auch Menschen in Moskau und Sankt Petersburg waren betroffen. Viele von ihnen wollten sich demnach um exakt zwölf Uhr Ortszeit vor ihren Wahllokalen in langen Schlangen anstellen. Zu der Aktion unter dem Motto "Mittag gegen Putin" hatten Oppositionelle aufgerufen, darunter das Team des kürzlich im Straflager ums Leben gekommenen Kremlgegners Alexej Nawalny: Wer seinen Unmut über die Wiederwahl von Kremlchef Wladimir Putin zeigen wolle, solle sich zur Mittagszeit in die Wahllokale begeben, damit sich dort lange Schlangen bilden.

Festnahmen gab es den Bürgerrechtlern zufolge auch abseits der Proteste. Eine Aktivistin in Sankt Petersburg wurde demnach direkt beim Verlassen ihres Hauses von Sicherheitskräften aufgegriffen. Manche Menschen wurden nach einiger Zeit wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen.

Echte Oppositionelle waren bei der Wahl entweder nicht als Kandidaten zugelassen worden, waren ins Ausland geflohen oder sitzen im Gefängnis. Außerdem häufen sich Berichten von Betrug und Manipulation. Unabhängige Beobachter bezeichnen die Abstimmung deshalb als Farce und rufen die internationale Gemeinschaft auf, das Ergebnis nicht anzuerkennen.

Julija Nawalnaja protestiert in Berlin

Auch in Deutschland protestierten Hunderte Menschen gegen die Wiederwahl des russischen Präsidenten. In Berlin schätzte die Polizei die Zahl der Teilnehmer einer Kundgebung vor der russischen Botschaft auf rund 800. In Bonn habe sich vor dem russischen Generalkonsulat zwischenzeitlich eine Schlange von mehr als 1000 Menschen gebildet, die für die russische Präsidentenwahl ihre Stimme abgegeben wollten, sagte ein Sprecher der dortigen Polizei.

An den Protesten in Berlin nahm auch Julija Nawalnaja teil, die Witwe des toten Kremlgegners Alexej Nawalny. Nawalnys Team veröffentlichte am Nachmittag auf Telegram Aufnahmen, die Nawalnaja in Begleitung von Sprecherin Kira Jarmysch inmitten einer Menschenmenge auf der Wilhelmstraße zeigen. Dazu schrieb das Team ebenfalls die Worte "Mittag gegen Putin". Nawalnaja schrieb nach eigenen Angaben den Namen ihres gestorbenen Mannes auf den Stimmzettel. Das sagte sie, nachdem sie in der russischen Botschaft in Berlin an der Wahl teilgenommen hatte.

Auch der im Exil in Großbritannien lebende Unternehmer und Kremlkritiker Michail Chodorkowskij reihte sich in die Menge der Protestierenden ein. Die Demonstrantinnen und Demonstranten riefen "Sieg für die Ukraine! Freiheit für Russland!", "Nawalny ist ein Held Russlands" und "Putin ist illegitim". Zahlreiche Menschen schwenkten Fahnen in Weiß-Blau-Weiß, was die neuen Farben eines freien Russlands sein sollen, wie Teilnehmerinnen und Teilnehmer sagten. Direkt nebenan standen nach Angaben der Polizei rund 2000 Menschen in einer Schlange vor der russischen Botschaft, um wählen zu gehen.

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Russland
:Rekordergebnis und Festnahmen bei Putins Wahl

Bei der von Repressionen begleiteten Präsidentschaftswahl in Russland soll Wladimir Putin weit mehr als 80 Prozent der Stimmen erzielt haben. Zuvor kommt es dort zu Protesten. In Berlin nimmt Julija Nawalnaja, die Witwe des toten Kremlgegners, an einer Aktion vor der russischen Botschaft teil.

Von Silke Bigalke und Leopold Zaak

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