Südafrika:Russlands neue Freunde am Kap

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Russische Kriegsschiffe bei einer Parade. Russland wird im Februar gemeinsam mit China und Südafrika ein Manöver abhalten. (Foto: Alexander Demianchuk/Imago/Itar-Tass)

Südafrikas Regierung lädt russische Kriegsschiffe zu einem Manöver ein. Wie passt das zur Behauptung, im Krieg Russlands gegen die Ukraine "neutral" zu sein?

Von Bernd Dörries, Kapstadt

"Operation Mosi" heißt das Manöver, das vom 17. bis 26. Februar vor der Küste von Durban in Südafrika abgehalten werden soll, das Wort bedeutet so viel wie Rauch. Zwei Fregatten aus China sollen teilnehmen, eine bisher unbekannte Zahl an russischen Kriegsschiffen und eben die gastgebende südafrikanische Marine.

Die Ankündigung des Manövers hat in den südafrikanischen Medien für einige Überraschung gesorgt. Zum einen, weil sich ein Land, das sich auf das demokratische und moralische Erbe von Nelson Mandela beruft, russisches Militär ins Land holt, und das ziemlich genau zum Jahrestag des Angriffs auf die Ukraine.

Zum anderen war vielen Südafrikanern gar nicht bewusst, dass ihr Land über eine funktionstüchtige Marine verfügt. Mehrere Fregatten und U-Boote waren kurz nach dem Ende der Apartheid von deutschen und europäischen Herstellern wie Thyssen und Saab geliefert worden, wobei viele Millionen an Schmiergeldern flossen, was bis heute untersucht wird. Gewartet wurden die Schiffe danach nicht mehr und vermoderten großteils im Hafen.

Das Manöver soll die "florierenden Beziehungen" zu Russland noch stärken

Deshalb gehen viele Beobachter in Südafrika davon aus, dass es auch gar nicht darum geht, ein Manöver abzuhalten, sondern vor allem um ein Zeichen. Südafrika hat zwar seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine seine Neutralität betont, musste sich aber auch immer wieder fragen lassen, ob Neutralität im Falle eines Angriffskrieges nicht doch auch Parteinahme bedeutet. Auf Distanz geht Südafrika jedenfalls nicht zu Russland. Im Gegenteil.

Das Manöver solle die "florierenden Beziehungen" zu Russland noch stärken, teilte Südafrikas Regierung mit. Am Montag wird zudem Russlands Außenminister Sergej Lawrow in Pretoria empfangen, es ist der Besuch eines "lieben Freundes", wie die südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor sagte, die dem russischen Fernsehen bereits freundliche Interviews gab.

Es ist bereits die zwei Afrikareise von Lawrow seit dem Beginn des Krieges. Bei ihm sind die Motive offensichtlich, er will dem Eindruck entgegenwirken, dass Russland isoliert ist in der Welt. Jedes Land, das sich bei Abstimmungen bei den Vereinten Nationen enthält, wenn es um Kritik an Russland geht, ist ein Gewinn. Wird die russische Armee sogar zu Manövern eingeladen, ist dies ein Beleg, dass es eben auch eine andere Sicht auf den Krieg gibt als die westliche.

Warum Südafrika bei diesem Spiel mitmacht, ist schwierig zu erklären. Mit Russland verbindet es so gut wie keine wirtschaftlichen Interessen, der gemeinsame Handel ist minimal, ganz anders als mit Europa und den USA, die als Absatzmärkte enorm wichtig sind für südafrikanische Produkte, von Zitrusfrüchten bis zu Autos.

Europa und die USA haben Südafrika in den vergangenen Jahren nicht zuletzt deshalb immer als einigermaßen verlässlichen Partner gesehen und sind nun entsetzt. Vielleicht hat man in Berlin und Washington übersehen, dass die Regierungspartei des ANC Außenpolitik nicht nach Interessen betreibt, sondern eher aus einem historischen Gefühl der Gemeinsamkeit heraus.

Für den ANC ist der Westen noch immer der Unterdrücker

Wer den Freiheitskampf gegen die Apartheid unterstützte wie die Sowjetunion, gilt bis heute als Freund. Dass die Ukraine damals auch Teil der Sowjetunion war, wird ausgeblendet. Dazu kommt: Südafrika ist eine Demokratie, wird aber von einer Organisation regiert, die sich als Staatspartei empfindet, mit einer Struktur wie im Sozialismus, mit einem Politbüro, das hier eben den Namen National Executive Committee trägt. Dort werden fünfjahresplanähnliche Dokumente verabschiedet, dort wird entschieden, wie die Realität auszusehen hat. Und die Realität wird oft noch mit der Brille des Befreiungskampfes und der Kolonialerfahrung gesehen, wie auch in anderen Ländern Afrikas: Der Westen ist der Unterdrücker.

Es ist allerdings ein Weltbild, das zwar bei ANC-Funktionären recht weit verbreitet ist, nicht aber in der Bevölkerung: Zwei Drittel der Südafrikaner verurteilen nach einer Umfrage den russischen Angriffskrieg; 80 Prozent sagen, Südafrika sollte das Land unterstützen, das angegriffen wird.

Kobus Marais, der verteidigungspolitische Sprecher der größten Oppositionspartei Democratic Alliance, sagt, das Südafrika von Nelson Mandela, einst ein Leuchtturm der Demokratie, laufe Gefahr, sein internationales Ansehen zu verlieren, wenn es sich auf die Seite der, wie er es nennt, "verachtenswertesten Autokratien der Welt" stellt.

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Für den ANC ist es aber mittlerweile Routine, sich auf die Seite von Verbrecherregimen zu schlagen. So forderte Präsident Cyril Ramaphosa kürzlich, die Sanktionen gegen Iran aufzuheben, während dort friedliche Demonstranten erschossen wurden.

Im August wird Wladimir Putin wahrscheinlich selbst nach Südafrika kommen, zum Gipfeltreffen der Brics-Staaten. Zu dieser Vereinigung aufstrebender Volkswirtschaften gehören neben Südafrika auch Indien, Russland und China. Es könnte ein seltsames Gruppenbild werden, eines, das das Image Südafrikas nachhaltig verändern könnte.

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