Rüstungspolitik:Die SPD will nicht bei Trump kaufen

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Ein Bundeswehr-Flugzeug vom Typ Tornado. (Foto: Getty Images)
  • Die SPD blockiert die Suche nach einem Nachfolgemodell für die Tornado -Kampfflugzeuge.
  • Nach SZ-Informationen hatte Verteidigungsministerin Leyen ein amerikanisches Modell ins Spiel gebracht, die Parteiführung ist aus politischen Gründen jedoch dagegen.
  • Ein Tornado-Nachfolger muss technisch dazu in der Lage sein oder in die Lage versetzt werden können, amerikanische Atombomben ins Ziel zu tragen.

Von Mike Szymanski, Berlin

Bei einem der wichtigsten Rüstungsvorhaben der Bundeswehr steuert die Koalition auf einen neuen Konflikt zu. Die SPD blockiert die Suche nach einem Nachfolgemodell für die Tornado -Kampfflugzeuge, die auch als Atombomber eingesetzt werden können.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen gegenüber SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles ein amerikanisches Modell als Teil der Lösung ins Gespräch gebracht. Die SPD habe aber klar zu verstehen gegeben, dass derzeit die Neuanschaffung eines Atombombers, gerade von den Amerikanern, nicht mit ihr zu machen sei.

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Deutschland soll im Krisenfall amerikanische Atombomben ins Ziel tragen können

"Überlegungen für eine Zwischenlösung oder auch die grundsätzliche Frage nach einem Nachfolgesystem für die Tornados können nicht allein militärisch-technischer Natur sein", sagte SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich der SZ. Sie müssten in "den Kontext des Rüstungswettlaufs und der Krisen zwischen der Nato und Russland" eingeordnet werden. Es geht bei der Anschaffung gerade auch um das Prinzip der "nuklearen Teilhabe". Von Deutschland wird weiterhin erwartet, im Krisenfall amerikanische Atombomben ins Ziel tragen zu können. Ein Tornado-Nachfolger muss dazu technisch in der Lage sein oder in die Lage versetzt werden können.

Sich diese Fähigkeit ausgerechnet bei den Amerikanern einzukaufen, deren Präsident Donald Trump derzeit mit Russland im Streit über die Zukunft des INF-Abrüstungsvertrages liegt, sorgt für erhebliches Unbehagen bei den Sozialdemokraten. "Angesichts der absehbaren Kündigung des INF-Vertrags und der Wiederauflage atomarer Drohungen und Kriegsführungsstrategien darf es keine überstürzte Entscheidung geben", warnte Mützenich.

Dem Vernehmen nach favorisiert das Ministerium derzeit ein Kampfflugzeug vom Typ F-18 in seiner modernsten Variante für die Aufgabe der "nuklearen Teilhabe". Die Entscheidung hätte eigentlich vergangenes Jahr fallen sollen. Die Tornados sollen von 2025 an ausgemustert werden, ihr Unterhalt wird zu teuer. Aber das Ministerium tut sich schwer mit einer Entscheidung, weil es auch um Industriepolitik geht. Die Regierung will das Know-how im Flugzeugbau und die Arbeitsplätze in Europa halten.

Mit Frankreich ist zudem die Neuentwicklung eines Kampfflugzeuges der neuesten Generation fest verabredet. Deshalb hatte das Verteidigungsministerium in seinen bisherigen Planungen auch dem europäischen Gemeinschaftsprojekt Eurofighter den Vorzug gegeben. Der Eurofighter hat sich bei der Luftwaffe bewährt. Das Flugzeug müsste jedoch für das Tragen von Atombomben weiterentwickelt und dann von den Amerikanern für diese Aufgabe zertifiziert werden. Ein Prozess, der viele Jahre in Anspruch nehmen dürfte und nur in enger, teils vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den Amerikanern erfolgen kann. Das lange Verfahren ist eines der Hauptargumente, die gegen den Eurofighter und für ein amerikanisches Flugzeug sprechen.

Die Luftwaffe hatte sich ursprünglich Flugzeuge vom Typ F-35 gewünscht. Das sind Kampfflieger der allerneuesten Generation, die auch bei anderen europäischen Luftwaffen schon zum Einsatz kommen. Eine solche Kaufentscheidung müsste jedoch von den Franzosen zwangsläufig als Affront aufgefasst werden, sie liefe den Planungen für ein gemeinsames Kampfflugzeug zuwider.

Sollte sich die Regierung am Ende für die F-18 entscheiden, wäre das auf gewisse Art und Weise ein Kompromiss: Von der Technik her rangiert dieses F-18-Modell zwischen Eurofighter und F-35. Es könnte die Rolle eines Übergangsmodells einnehmen, bis Deutschland und Frankreich ihren Flieger der Zukunft entwickelt haben. Genauso könnte die Stückzahl auf nur jene begrenzt werden, die unbedingt für die "nukleare Teilhabe" gebraucht werden. Von den etwa 90 Tornados wären das wohl die Hälfte.

Es bliebe dann die Möglichkeit, die andere Flottenhälfte durch Eurofighter zu ersetzen. Die SPD ist skeptisch. "Der Vorrang für das F-18-System wäre ein einseitiges Signal an die US-Regierung, mit unkalkulierbaren Kosten verbunden und muss missverstanden werden." Den Tornado weiter zu fliegen, dürfte jedoch ins Geld gehen.

© SZ vom 01.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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