Rolf Eden im Interview:"Wenn mir etwas Antisemitisches passieren sollte, würde ich gehen"

Rolf Eden

Rolf Eden während des Interviews in der SZ-Redaktion.

(Foto: Daniel Hofer)

Wann waren Sie zuletzt in einer Synagoge?

Ich kann mich nicht erinnern, schon mal in einer gewesen zu sein. Was soll ich denn da? Nur, weil ich in eine jüdische Familie reingeboren wurde, muss ich da doch nicht hingehen. Früher wäre ich da vielleicht hingegangen, weil man sich versammelt hat, um sich zu unterhalten. Aber inzwischen ist das völlig überholt: Da trifft man seine Kumpels in Cafés und Klubs. Die Feste feiere ich auch nicht. Warum soll man an Yom Kippur fasten? Völliger Schwachsinn, genauso wie das koschere Essen.

Weil das nichtkoschere Essen so delikat ist?

Auch. Denken Sie an das arme Schwein! Warum soll es nicht gegessen werden? Vor allem stört mich, dass da ein Rabbiner kommt und macht Blablablub und dann ist das Essen plötzlich koscher. Aber ich finde es trotzdem richtig, dass neugeborene Jungs beschnitten werden.

Weil es zum Kern der jüdischen Identität gehört?

Mir ist egal, warum die das vor 5000 Jahren festgelegt haben. Aber es gibt einen guten medizinischen Grund für eine Beschneidung: Es ist einfach hygienischer. Frauen haben das viel lieber, glauben Sie mir.

Juden und Muslime pochen auf der einen Seite auf die rituelle Beschneidung, die andere Seite argumentiert mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Haben Sie eine Erklärung, warum die Debatte um Beschneidungen in Deutschland so unversöhnlich tobt?

Ich finde das idiotisch. Lasst doch jeden machen, was er will.

Sind Ihre Söhne beschnitten?

Nein, aber das holen wir noch nach! (lacht). Spaß beiseite: Ich habe ein phantastisches Verhältnis zu allen meinen Kindern.

Wurden Sie jemals mit Antisemitismus konfrontiert?

In meinem ganzen Leben habe ich auch noch keine Nazis kennengelernt, weder alte, noch neue. Ich habe aber auch nicht groß rumgebohrt, was jemand im Krieg gemacht hat. Ich habe auch Kumpels, die Mahmud oder Achmed heißen. Aber was soll ich mit denen über Religion reden? Für mich zählte schon immer das Hier und Jetzt. Und die Zukunft. Mein Rat: Weniger beten, aber dafür die schönen Dinge im Leben genießen. Dann hätten es alle besser.

Antisemiten ist es egal, ob ein Jude praktiziert oder nicht.

Ich möchte so etwas nicht hören und nicht lesen. In der Zeitung interessieren mich nur die Nachrichten, die gut sind. Ich bin ein positiver Mensch. Und mir hat noch niemand wegen meiner Herkunft gedroht.

Wie gefährlich es ist, Jude in Berlin zu sein, musste der Rabbiner erfahren, der vor wenigen Wochen vor den Augen seiner Tochter zusammengeschlagen wurde. Blenden Sie das auch aus?

Ja, der arme Kerl. Wenn mir etwas passieren sollte, würde ich nach Israel gehen. Aber ich will nicht weg. Es wäre so schade. Ich liebe Berlin, ich liebe Deutschland. Und die deutschen Frauen sind so schön! Wollen wir nicht lieber über Frauen als über Politik reden?

Zu spät, Herr Eden, unser Gespräch ist zu Ende. Letzte Frage: Wie lautet Ihr hebräischer Lieblingssatz?

לקק לי את התחת. Das heißt: "Leck mich am Arsch."

Epilog: Nach dem Gespräch sinniert Rolf Eden noch über Klaus Wowereit, das iranische Atomprogramm und die beste Currywurst Berlins. Dann regt er an, sich in 20 Jahren noch einmal zu verabreden. Denn bis 2032 bleibe er der Welt mindestens erhalten. Und danach? "Mein Bauchgefühl sagt: Es kann nur noch schöner werden."

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