Ägypten:Vorwürfe gegen Mubarak

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Ein Untersuchungsbericht wirft der ägyptischen Polizei den exzessiven Einsatz von Gewalt vor - und belastet Ex-Präsident Mubarak schwer. Mit Billigung von oben töteten Scharfschützen während der Proteste sogar Menschen, die aus Fenstern die Demonstrationen filmten.

Es war ein verzweifelter Kampf gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner. Zu Beginn dieses Jahres gingen Hundertausende Ägypter zunächst friedlich für die Freiheit und gegen Präsident Hosni Mubarak auf die Straßen.

Ein Demonstrant mit Mubarak-Maske: Der Ex-Diktator ist für tödliche Schüsse auf Demonstranten verantwortlich. (Foto: REUTERS)

Und der diktatorisch herrschende Staatschef ließ mit großer Härte zuschlagen und schießen, wie nun auch eine ägyptische Untersuchungskommission bestätigt: Demnach trägt Mubarak die Schuld am Tod von 846 Zivilisten während der Proteste im Januar und Februar.

"Der Präsident ist dafür verantwortlich, egal ob er persönlich den Schießbefehl gegeben hat oder geschwiegen hat, obwohl er davon wusste, dass es zu Schüssen auf Demonstranten kommen würde," sagte der Generalsekretär der Kommission, Richter Omar Marwan.

Während der 18-tägigen Proteste, die am 11. Februar schließlich zum Rücktritt Mubaraks führten, seien insgesamt 846 Zivilisten und 26 Polizisten getötet worden, berichtete Omar bei der Vorstellung des Untersuchungsberichtes.

Die Kommission wirft der Polizei in dem Bericht exzessiven Einsatz von Gewalt gegen die Demonstranten vor. Demnach schoss sie auch auf Anwohner, die aus Fenstern und von Balkonen die Proteste filmten.

Es sei bestätigt, dass es für den Einsatz scharfer Munition einer vorherigen Erlaubnis von Mubarak bedürfe, sagte Marwan. Die Tatsache, dass die Schützen auch nach Tagen nicht zur Rechenschaft gezogen wurden, bestätige die Billigung und Verantwortung des damaligen Präsidenten, sagte Marwan.

Getroffen in Brust oder Kopf

Dem Bericht zufolge wurden die meisten Opfer am Kopf oder in der Brust getroffen, was auf den Einsatz von Scharfschützen hindeute. Es seien Mitglieder der Anti-Terror-Kräfte des Staatssicherheitsdienstes Mukhabarat gegen die Demonstranten eingesetzt worden, sagte Marwan.

Mubarak, der sich derzeit in einem Krankenhaus in dem Badeort Scharm el-Scheich befindet, ist im Rahmen der Ermittlungen zwei Wochen in Untersuchungshaft genommen worden. Sein früherer Innenminister Habib el-Adli muss sich wegen des Einsatzes von Gewalt derzeit vor Gericht verantworten.

© sueddeutsche.de/AFP/segi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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