Regierungskrise in Tschechien:Beamter, Präsidentenfreund, Rechtsextremist

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Ladislav Batora gilt als homophob und antisemitisch, er kandidierte für eine Partei, die alle Roma nach Indien deportieren will. Präsident Klaus verhilft dem Rechtsausleger offenbar zu einem hohen Posten im tschechischen Bildungsministerium - Sprengstoff für die Regierungskoalition.

Klaus Brill, Prag

Mit einem Kompromiss hat die Regierung Tschechiens einen Streit um einen ultrakonservativen Spitzenbeamten beigelegt und damit fürs erste den Fortbestand der konservativ-liberalen Dreier-Koalition gesichert. Außenminister Karel Schwarzenberg kündigte an, die von ihm geführte Partei TOP 09 werde von diesem Mittwoch an wieder mit ihren Ministern an der wöchentlichen Kabinettssitzung teilnehmen, die sie vor einer Woche boykottiert hatte. Allerdings bleibt das Klima in der Koalition angespannt.

Förderer des Rechtsextremisten Batora: Tschechiens Staatschef Vaclav Klaus (Foto: AFP)

Die drei Regierungsparteien - neben TOP 09 sind es die Demokratische Bürgerpartei (ODS) des Ministerpräsidenten Petr Necas und die vom früheren Fernsehmoderator Radek John geführte populistische Gruppierung Veci Verejne (VV - "Öffentliche Angelegenheiten") - hatten in jüngerer Zeit mehrmals harte Auseinandersetzungen ausgetragen. Zuletzt ging es um den Ministerialbeamten Ladislav Batora, der unlängst vom VV-Minister Josef Dobes zum Personalchef des Ministeriums für Bildung und Erziehung berufen worden war.

Batora ist sehr umstritten, weil er 2006 als Parteiloser für die rechtsextremistische Nationalpartei kandidiert hatte, die offen neonazistisch ist und beispielsweise verlangte, die in Tschechien lebenden Roma nach Indien zu schicken. Der 59-Jährige ist heute Vorsitzender einer Bürgerinitiative, die EU-kritische und ultrakonservativ-katholische Standpunkte vertritt und dabei die Unterstützung des Staatspräsidenten Vaclav Klaus genießt.

Batora ist auch einer antisemitischen Haltung verdächtig. Zuletzt fiel er vor zwei Wochen auf, als er gegen ein in Prag abgehaltenes Homosexuellen-Festival protestierte und einen Brandbrief an den amerikanischen Botschafter in Prag verfasste. Dieser hatte ebenso wie seine Kollegen aus Deutschland und anderen EU-Ländern die Aktivitäten der Homo-Bewegung als Ausdruck der Bürgerfreiheit unterstützt; dies nannte Klaus wiederum erzürnt einen "beispiellosen Vorgang".

Batora zog nun mit seinem Auftritt scharfe Kritik sowohl von Bürgerrechtsorganisationen und der Opposition als auch aus der Regierung auf sich. Ministerpräsident Petr Necas hatte schon im Frühjahr verhindert, dass Batora zum Staatssekretär berufen wurde, und verlangte jetzt von ihm politische Zurückhaltung als Beamter.

Finanzminister Miroslav Kalousek, wie Schwarzenberg ein führender Mann der TOP 09, bezeichnete den Beamten als Rassisten und Faschisten. Und Schwarzenberg erklärte, diesem Mann die Personalentscheidungen über die Beschäftigten im Bildungswesen anzuvertrauen sei dasselbe, wie wenn man einen Pädophilen zum Schulrektor berufen würde. Daraufhin nannte Batora auf seiner Facebook-Seite den Außenminister einen "geifernden armen alten Tropf".

Sozial ausgegrenzte Roma nahe Bruntal, Nordmähren. Das Foto ist im Jahre 2007 entstanden (Foto: picture alliance / dpa)

Für die TOP 09 war dies der Anlass, Batoras sofortige Abberufung zu verlangen und mit Kabinettsboykott zu drohen. An einer wichtigen Sitzung vor einer Woche nahmen aus den von TOP 09 geführten Ministerien nur die Staatssekretäre teil.

Schwarzenberg schloss auch ein Ende der Koalition nicht aus und erklärte noch am Montag bei einer Konferenz der tschechischen Botschafter, die Angelegenheit sei sehr wichtig. Für ihn seien der Schutz der Menschenrechte und die frühzeitige Bekämpfung faschistischer Tendenzen "die Schlüsselfrage meines politischen Lebens".

Am späten Abend einigte er sich dann in einem Gespräch mit Bildungsminister Dobes auf einen Kompromiss. Demnach muss Batora die Leitung der Personalabteilung abgeben, allerdings bleibt er im Ministerium. Nach Angaben von VV-Politikern soll er sogar stellvertretender Bürochef des Ministers werden, was wiederum bei Abgeordneten von TOP 09 für neuen Ärger sorgte.

Besondere Bedeutung erhält der Fall dadurch, dass offenbar im Hintergrund die Kanzlei des Staatspräsidenten Klaus die Fäden zog und schon im Februar dafür sorgte, dass Batora überhaupt ins Bildungsministerium berufen wurde. Die damals schon erhobenen Proteste wegen der rechtsextremistischen Vergangenheit des Mannes hatte Klaus als hysterisch und als Ausdruck übersteigerter "politischer Korrektheit" bezeichnet.

Indes halten es Beobachter für möglich, dass Klaus im Zusammenspiel mit Batora und der von Skandalen und rapidem Sympathieverlust geplagten Gruppierung VV die Bildung einer neuen politischen Bewegung im rechten Spektrum vorbereiten könnte. Der Präsident muss Anfang 2013 nach Ablauf seiner zweiten Amtszeit abdanken. Er will sich jedoch nach eigenen Worten dann keinesfalls aufs Altenteil zurückziehen.

© SZ vom 31.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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