Parteien:Rot-rote Landesregierung sieht MV trotz Krisen auf Kurs

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Simone Oldenburg (Die Linke, l), Bildungsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, und Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, stellen sich in der Landespressekonferenz den Fragen von Journalisten. (Foto: Bernd Wüstneck/dpa)

SPD und Linke in MV haben nach eigener Einschätzung schon wichtige Punkte ihres 2021 geschlossenen Koalitionsvertrags umgesetzt. Krisenbewältigung gehörte aber bislang zu den vorrangigen Aufgaben.

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Schwerin (dpa/mv) - Ungeachtet anhaltender Kritik aus der Wirtschaft und schwindenden Rückhalts bei den Wählern in Mecklenburg-Vorpommern hat die rot-rote Landesregierung zur Halbzeit der Wahlperiode ein weitgehend positives Zwischenfazit ihres Wirkens gezogen. Die Arbeit der Koalition sei wie nie zuvor in der Geschichte des Landes durch Krisen und Kriegs-Auswirkungen beeinflusst worden. „Die Landesregierung hat sich diesen Herausforderungen gestellt. Wir haben unseren Beitrag dazu geleistet, dass Mecklenburg-Vorpommern und Deutschland gut durch diese schwierige Zeit kommen“, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Dienstag in Schwerin bei der Präsentation ihrer Halbzeitbilanz. Opposition, Verbände und Kammern indes rückten in ihren Reaktionen die fortwährenden Probleme in der Wirtschaft in den Mittelpunkt und stellten der Regierung kein gutes Zeugnis aus.

Schwesig erinnerte an das von SPD und Linke gemeinsam gesteckte Ziel, Mecklenburg-Vorpommern wirtschaftlich stärker, sozial gerechter und nachhaltiger zu machen. Seit Beginn der Legislaturperiode im Herbst 2021 seien bereits wichtige Vorhaben verwirklicht worden. In der 25-seitigen Halbzeitbilanz werden als Erfolge unter anderem die Neuausrichtung der zuvor existenzbedrohten Werften und der Ausbau der erneuerbaren Energien verbucht. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine mit den dramatischen Auswirkungen auf Handel, Rohstoff- und Energiepreise habe die Situation massiv verschärft. Obwohl sich Mecklenburg-Vorpommern mit großem finanziellem Aufwand an den milliardenschweren Entlastungspaketen für Bürger und Wirtschaft beteiligt habe, seien für den Landesetat keine neuen Schulden gemacht worden, hob Schwesig hervor.

Aufgelistet werden in der Bilanz auch die Verabschiedung eines 400-Millionen-Euro-Schulbauprogramms, die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre, die Einführung des Frauentags als Feiertag und die Verabschiedung eines neuen Vergabegesetzes, nach dem nur noch Firmen Aufträge von Land und Kommunen erhalten, die ihren Beschäftigten Tariflöhne zahlen. Schwesig wies Kritik an dem Gesetz zurück. „Es ist gut für Arbeitnehmer und für Arbeitgeber“, sagte sie. Es sorge für bessere Löhne und schütze Firmen vor unlauterem Unterbietungswettbewerb. Der Tourismus als eine der wichtigsten Branchen für das Land habe zudem mit jährlich etwa 32 Millionen Übernachtungen zu alter Stärke zurückgefunden.

Oldenburg verwies auf Verbesserungen in der Kinderbetreuung und die beschlossene Stundenaufstockung in Grundlagenfächern, um die Fähigkeiten der Schüler in Deutsch und Mathematik zu verbessern. Aber auch das sei verbunden mit zusätzlichem Personalbedarf. Das Land habe bereits 600 Lehrer zusätzlich eingestellt, müsse aber weiter um Fachkräfte ringen. „Wir haben einen Lehrkräftemangel und das ist auch nicht von heute auf morgen zu lösen“, sagte die Ministerin.

Die Aufnahme von 25 000 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine und einer wachsenden Zahl von Asylbewerbern stelle die Kommunen vor große Herausforderungen, heißt es in der Bilanz weiter. Als eines von wenigen Bundesländern erstatte Mecklenburg-Vorpommern den betroffenen Städten und Gemeinden vollständig die Kosten der Unterbringung. Doch macht die rot-rote Koalition in ihrer Bilanz deutlich, dass auch sie sich für eine wirksame Begrenzung der Zuwanderung nach Deutschland einsetzt.

Die AfD als größte Oppositionspartei im Landtag warf der Landesregierung vor, bei der Zuwanderung von Asylbewerbern einen „Kontrollverlust“ hinzunehmen. „Die Kommunen sind finanziell blank und halten dem anhaltenden Migrationsdruck nicht Stand“, konstatierte AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer. Zudem sei es im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht gelungen, größere Unternehmen für Ansiedlungen zu gewinnen. „Mecklenburg-Vorpommern bleibt unter Rot-Rot wirtschaftliches Brachland und bundesweites Schlusslicht“, sagte Kramer.

Die CDU wertete die bisherige Regierungszeit von SPD und Linke als verlorene Jahre für Mecklenburg-Vorpommern. „Mit großem Ehrgeiz versucht Manuela Schwesigs Linksbündnis Mecklenburg-Vorpommern eine toxische politische Agenda überzustülpen, die einerseits die Spaltung unserer Gesellschaft vertieft und andererseits das wirtschaftliche Vorankommen des Landes blockiert“, urteilte der Generalsekretär der Landes-CDU, Daniel Peters. Das hätten auch die Wählerinnen und Wähler im Land bemerkt. „Das Linksbündnis unter Schwesig gehört aus gutem Grund zu den unbeliebtesten Regierungen in ganz Deutschland“, sagte Peters und nahm damit Bezug auf deutlich gesunkene Umfragewerte für die SPD-Ministerpräsidentin und die von ihr geführte Koalition.

Grünen-Fraktionschef Harald Terpe reagierte auf die Regierungsbilanz mit einem Wortspiel: „In der selbsternannten rot-roten MV-Koalition sind M wie Mittelmäßigkeit und V wie Verzögerung Programm.“ Während viele Menschen sich um die gesellschaftliche und wirtschaftliche Zukunft sorgten, fehle es der Landesregierung an Führungsstärke und Handlungsfähigkeit. Auf diese Weise werde die Chance verspielt, Klimaschutz mit einer robusten Wirtschaftsentwicklung zu verknüpfen und durch direkte Bürgerbeteiligung für mehr Akzeptanz vor Ort zu sorgen. „Noch immer fehlen Konzepte für den Ausbau von Stromnetzen und -speichern sowie für die Sektorenkopplung“, beklagte Terpe.

FDP-Fraktionschef René Domke warf der rot-roten Koalition vor, ihre Leistungen schönzureden. Statt beherzt gegen Fachkräftemangel, gestiegene Energiepreise und überbordende Bürokratie vorzugehen, sorge die Landesregierung für neue Gängeleien wie etwa beim Vergabegesetz. Ideen, wie der Wirtschaftsstandort MV entwickelt werden soll, seien nicht erkennbar. „Es klemmt überall und die Landesregierung regiert an der Realität vorbei“, lautete das Resümee Domkes.

Für die Wirtschaft des Landes erneuerte der Rostocker IHK-Präsident Klaus-Jürgen Strupp die Forderung nach mehr Verlässlichkeit. Es gelte, das vereinbarte industriepolitische Konzept konsequent umzusetzen, neue Investoren zu gewinnen, die Digitalisierung voranzutreiben und die Genehmigungsverfahren zu verkürzen. „Die regionale Wirtschaft braucht mehr Serviceorientierung in der Verwaltung“, mahnte Strupp.

Der Landtag war Ende September 2021 neu gewählt worden, kurz darauf hatten sich die Wahlsiegerin SPD und die Linke auf die Bildung einer rot-roten Koalition verständigt. Jüngsten Umfragen zufolge büßte insbesondere die von Schwesig geführte SPD seither in der Wählergunst deutlich ein. Bei der Landtagswahl hatte die Partei mit 39,6 Prozent ein Spitzenergebnis erreicht, in einer Wählerbefragung Anfang 2024 kam sie noch auf 21 Prozent. Die Linke verlor leicht und rutschte von 9,9 auf 8 Prozent ab. Die AfD hingegen legte laut Umfragen in der Wählergunst kräftig zu und war im Januar mit 31 Prozent stärkste Kraft im Land.

© dpa-infocom, dpa:240318-99-383035/5

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