Bonn:Wüst will schärfere Corona-Maßnahmen schnell umsetzen

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Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, spricht während der Sondersitzung des Bundesrates. (Foto: Wolfgang Kumm/dpa/)

Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sollen die schärferen Corona-Maßnahmen nächste Woche in Kraft treten. Ministerpräsident Hendrik Wüst...

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sollen die schärferen Corona-Maßnahmen nächste Woche in Kraft treten. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) erklärte nach einer Videoschalte mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände des Landes am Freitag: „Bereits in der kommenden Woche werden wir die Regelungen in der Corona-Schutzverordnung umsetzen.“ Die Einhaltung der Regeln werde mit regelmäßigen Stichproben kontrolliert. Verstöße würden künftig höher und schmerzhaft bestraft. „Mit der Einführung der 2G-Regel flächendeckend im Kultur- und Freizeitbereich sind wir vorangegangen, die neue 3G-Regel am Arbeitsplatz, im ÖPNV und Fernverkehr gibt weiteren Schutz“, betonte der Regierungschef.

Angesichts der sich dramatisch zuspitzenden Lage hatten Bund und Länder am Donnerstag beschlossen, dass Ungeimpfte künftig überall da keinen Zutritt zu Freizeitveranstaltungen, Gastronomie, Hotels sowie auch körpernahen Dienstleistungen mehr bekommen, wo ein bestimmter Schwellenwert an Einweisungen von Corona-Patienten in Krankenhäuser überschritten wird. Hier soll 2G gelten, also eine Teilnahme nur für Geimpfte und Genesene. Ausschlaggebend ist laut Bund-Länder-Beschluss die Hospitalisierungsrate. Der Wert gibt an, wie viele Corona-Fälle pro 100 000 Menschen in den vergangenen sieben Tagen ins Krankenhaus kamen. Liegt die Rate über drei, soll in dem Bundesland 2G gelten.

Steigt die Krankenhaus-Rate auf mehr als sechs, soll 2G plus gelten. Dort, wo das Infektionsrisiko besonders hoch ist - etwa in Diskotheken, Clubs und bei Karnevalssitzungen - müssen dann auch Geimpfte und Genesene zusätzlich einen negativen Corona-Test vorlegen. Spätestens bei Überschreiten des Schwellenwerts von 9 sollen die Länder dann von weitergehenden Beschränkungen Gebrauch machen. In NRW lag die Hospitalisierungsinzidenz am Freitag bei 4,03.

Wüst betonte, dass es beim Gesundheitsschutz um Vorsicht, Impfen und Testen geht. „Mit den kostenlosen Schnelltests setzen wir auf zusätzliche Vorsicht und Vorsorge. Der Schlüssel zu Bewältigung der Pandemie ist und bleibt die Impfung“, bekräftigte er. Um die vierte Welle zu brechen, brauche man insbesondere beim Impfen jetzt erneut einen Kraftakt, um allen Bürgerinnen und Bürgern spätestens sechs Monate nach der Zweitimpfung eine Booster-Impfung anbieten zu können. Die Kosten für den Ausbau der Impfungen trügen Bund und Land.

Der Städtetag NRW sprach von riesigen Bedarf für Auffrischungen und die bald möglichen Impfungen für Kinder unter 12 Jahren. Hier müsse das Land klar entscheiden, ob Impfzentren wieder notwendig seien, mahnte der Verbandsvorsitzende, Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen. Dazu müsse das Land sicherstellen, dass das erforderliche medizinische Personal bereitgestellt werde. Flächendeckende 2G-Regeln für den Freizeit- und Kulturbereich müssten jetzt sofort und ohne die Schwellenwerte bei der Hospitalisierungsrate in Kraft gesetzt werden. Man habe die Sorge, die Hospitalisierungsrate könnte zu träge sein.

Auch der Städte- und Gemeindebund NRW forderte glasklare Regelungen, die konsequent angewendet werden müssten, wie Hauptgeschäftsführer Christof Sommer deutlich machte. Die Ordnungsdienste der Kommunen leisteten mit der Polizei ihren Beitrag dazu. Die Belastung sei seit Monaten immens. „Umso dringender müssen wir jetzt schnell aus dieser Welle herauskommen. Das Arbeiten im Ausnahmezustand lässt sich nicht dauerhaft leisten.“ Der Schlüssel aus der Krise bleibe das Impfen.

Für alle geimpften oder genesenen Menschen bedeuteten die neuen Maßnahmen „erst einmal keine nennenswerten weiteren Einschränkungen“, verdeutlichte Wüst vor der Videoschalte mit den Kommunalvertretern im WDR. „Wir haben ja eine Pandemie der Nichtgeimpften“. Der ganz überwiegende Teil der der neuen Corona-Fälle betreffe nicht geimpfte Menschen. Diese müssten geschützt werden. Sie sollten durch die neuen Auflagen aber auch einen „Impuls“ bekommen, sich impfen zu lassen, „um aus dieser schwierigen Situation herauszukommen“.

SPD-Landeschef Thomas Kutschaty forderte mehr Tempo bei der Umsetzung der Bund-Länder-Beschlüsse. Er verlangte eine Kabinettssitzung noch am Freitag, um die neue Corona-Schutzverordnung in Kraft zu setzen. „Wir dürfen das Wochenende nicht mehr verstreichen lassen, da finden Veranstaltungen statt, da finden Fußballspiele statt“, sagte er im WDR5. Die Grünen sehen das ähnlich: „Jeder Tag, den Ministerpräsident Wüst nun weiter verstreichen lässt – sei es aus Mutlosigkeit oder aus parteitaktischen Erwägungen – ist ein verlorener Tag im Kampf gegen das Virus zulasten der Bürgerinnen und Bürger.“

Die Corona-Inzidenz in NRW erreichte unterdessen einen Rekordwert. Laut Robert Koch-Institut lag die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen einer Woche am Freitag bei 200,9. Jedoch liegt NRW weiter deutlich unter dem Bundeswert von mehr als 340 am Freitag.

© dpa-infocom, dpa:211119-99-62784/5

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