Da verzieht sich der schmale Mund des russischen Präsidenten zu einem kleinen Lächeln. Er dreht den Kopf weg von der Kamera - so offen will Wladimir Putin die Freude über seinen Coup dann doch nicht zeigen. Innerhalb weniger Wochen hat er die Krim russisch gemacht. Trotz ständiger Drohungen aus dem Westen. Die internationale Gemeinschaft erkennt das nicht an, aber das ist Putin erkennbar egal.
Er steht im Kreml hinter einem Rednerpult und lässt sich zu Beginn seiner Rede an die Nation von den Mitgliedern des russischen Parlaments erstmal ausführlich beklatschen. Als er dann unter den Anwesenden die Vertreter der neuen Krim-Regierung begrüßt - darunter der moskautreue Krim-Premier Sergej Aksjonow -, erheben sich viele und jubeln.
Diese Bilder werden im Westen erneut für Empörung sorgen, doch sie sind nicht für die Außenminister der Europäischen Union oder für die US-Regierung gedacht. Sie werden vor allem für die Menschen im eigenen Land inszeniert, aber auch für die Russen auf der Krim und in der Ukraine. Ihnen erklärt Putin, warum die Halbinsel nur zu Russland gehören kann: "Dort ist alles mit unserem gemeinsamen Stolz und unserer Kultur durchdrungen", sagt er und blickt zurück auf die gemeinsame Geschichte, vom 18. Jahrhundert bis heute. "Die Krim ist uns heilig." Sie sei ein untrennbarer Teil der Russischen Föderation.
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Doch natürlich reicht das als Argument nicht aus: Unter der politischen Krise in der Ukraine hätten die Menschen stark gelitten. Die aus Faschisten und Nationalisten bestehende Regierung in Kiew habe nichts im Griff und baue eine Freischärler-Armee auf, sagt Putin. Gemeint ist die geplante Nationalgarde, die die ukrainische Armee unterstützen soll. "Wir konnten die Bewohner der Krim nicht ihrem Unglück überlassen - das wäre Verrat gewesen." So argumentiert der russische Präsident seit Tagen.
Doch es gibt mindestens eine Viertelmillion Menschen auf der Krim, die die Angliederung an Russland als Unglück empfinden. Die Krimtataren befürchten dadurch eine zunehmende Diskriminierung und haben das Referendum größtenteils boykottiert. Ihre Ängste wischt der Präsident mit dem Versprechen weg, drei Amtssprachen einführen zu wollen: Russisch, Ukrainisch und Krimtatarisch. "Die Krim wird ein Haus vieler Völker sein."
Ähnlich locker verfährt er mit den Sanktionen, die EU und USA gegen Russland verhängt haben. Das Land lebe schon länger mit Einschränkungen durch den Westen, sagt er. Einreiseverbote? Kontensperrungen? Putin zeigt sich davon unbeeindruckt - und geht seinerseits auf den Westen los. Der habe im Umgang mit der Ukraine eine rote Linie überschritten. "Sie haben verantwortungslos gehandelt." Die zunehmende internationale Isolation Russlands deutet Putin um als Verrat: "Man versucht, uns immer wieder in die Ecke zu drängen, dafür, dass wir unseren eigenen Standpunkt vertreten", sagt er.
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Im Grunde weiß jeder, dass die Regierung in Kiew gegen Russland wenig ausrichten kann. Trotzdem mobilisiert die Ukraine, was mobilisiert werden kann. Der Militärhaushalt wird um 600 Millionen Dollar aufgestockt, 20 000 Reservisten sollen einberufen und die kürzlich gegründete Nationalgarde verstärkt werden. Moskau reagiert mit vergifteten Ratschlägen.
Angesichts dieser Rhetorik wäre es nicht weiter verwunderlich gewesen, wenn Putin angekündigt hätte, was derzeit viele befürchten. Dass Russland nun auch nach der Ostukraine greift. Doch Putin erklärt, eine Spaltung der Ukraine sei nicht sein Ziel. Die Sezession der Krim begreift er offenbar nicht als Spaltung. Zwar erklärt er das Land zum "russischen Einflussgebiet", doch kein Wort zu Gerüchten über Unabhängigkeitsbestrebungen in den ostukrainischen Städten Donezk und Charkow.
Am Ende seiner Rede setzt Putin dann den dramatischen Höhepunkt: Er unterzeichnet den Vertrag zur Aufnahme der Krim. Mit ihm am Tisch sitzt Sergej Aksjonow. Es ist nur ein zeremonieller Akt, doch der muss als klares Signal an den Westen verstanden werden: Es gibt kein Zurück mehr für die Krim.