Prostitutionsgesetz:CSU-Politikerin Bär fordert Prostitutionsverbot

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"Deutschland ist mittlerweile auch weltweit als Land für Sex-Tourismus sehr attraktiv", kritisiert Dorothee Bär. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Mit der Legalisierung von Sexarbeit sei Deutschland das "Bordell Europas" geworden. Die Politikerin drängt darauf, Freier künftig zu bestrafen. Innerhalb der Parteien ist das Modell jedoch umstritten.

Von Ida Morganti

Seit mehr als 20 Jahren gilt Prostitution in Deutschland nicht mehr als "sittenwidrig", sondern als legale Tätigkeit. Mit dem Prostitutionsgesetz wollte die rot-grüne Regierung 2002 die prekäre Lage von Sexarbeiterinnen verbessern. Doch nach Ansicht von Experten wurde damit genau das Gegenteil erreicht. Nun fordert die Unionsfraktionsvizechefin Dorothee Bär einen Paradigmen-Wechsel: ein Verbot von käuflichem Sex.

"Die Situation von Prostituierten in Deutschland ist dramatisch", sagte die CSU-Politikerin der Bild-Zeitung. Nach ihrer Schätzung gibt es bundesweit aktuell rund 250 000 Prostituierte. Die meisten kämen aus dem Ausland, nur ein Bruchteil sei behördlich angemeldet. "Deutschland hat sich zum Bordell Europas entwickelt", sagte Bär. Es sei mittlerweile weltweit attraktiv als Land für Sex-Tourismus.

Die Politikerin spricht sich für die Einführung des "Nordischen Modells" aus, wie es in Schweden bereits seit Langem gilt. Demnach werden Betreiber von Bordellen und Käufer von sexuellen Dienstleistungen bestraft, nicht die Prostituierten. Sie sollen entkriminalisiert und in Ausstiegsprogrammen unterstützt werden. "Das Beispiel Schweden zeigt: Mit einem Sexkauf-Verbot geht die Zahl der Prostituierten drastisch zurück", sagte Bär.

Seit einigen Jahren haben sich nach Schweden, Island und Norwegen immer mehr europäische Länder dem sogenannten nordischen Modell angeschlossen, zuletzt auch Frankreich und Irland. Die liberale Praxis in Deutschland wird dagegen immer öfter kritisiert. Zwar sei Prostitution hierzulande nicht strafbar, die soziale Situation der Prostituierten habe sich jedoch nicht verbessert, sagen Kritiker.

Kommt in Deutschland ein Sexkauf-Verbot?

Innerhalb der Parteien ist der Vorschlag umstritten. Die Frauenorganisation der SPD und die Frauen-Union der CDU setzen sich für eine Bestrafung von Freiern nach dem nordischen Modell ein. Der Parteivorstand der SPD lehnte das Verbot jedoch in einem Beschluss ab, ebenso die Grünen beim Bundesparteitag 2021. Das nordische Modell verschiebe nur die Probleme in die Illegalität statt die soziale und gesundheitliche Situation von Sexarbeiterinnen zu verbessern. Stattdessen wollen sie Menschenhandel bekämpfen, Prostituierte besser schützen und ihre Rechte stärken. Ähnlich äußerte sich die FDP. Auch der Koalitionsvertrag der Ampel sieht keine Reform des zuletzt 2017 geänderten Prostitutionsschutzgesetzes vor.

Laut einer im Juni vorgestellten Studie wurde durch das Gesetz vor allem die Stellung der Bordellbetreiber, der Sexindustrie und der Freier gestärkt. Auch die Autoren dieser Studie sprechen sich für das nordische Modell aus. Frauenrechtlerinnen und Frauenrechtsorganisationen wie Terre des Femmes kritisieren Prostitution als "sexuelle Ausbeutung" und fordern bereits seit langem ein Sexkaufverbot in Deutschland. Andere Organisationen wie Amnesty International oder die Weltgesundheitsorganisation setzen sich für ein Modell ein, das Sexarbeit entkriminalisiert und als normalen Job behandelt.

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