Polizeiausstattung:Innenminister Poseck will Stellenzahl bei Polizei aufstocken

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Roman Poseck, Innenminister von Hessen. (Foto: Helmut Fricke/dpa)

In krisenreichen Zeiten setzt Hessen auf eine bessere Ausstattung der Landespolizei. Stimmen aus der Landtagsopposition mahnen, der Polizeiberuf müsse insgesamt attraktiver werden.

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Hessen will angesichts zahlreicher Krisen und Extremismus voraussichtlich schon mit dem Nachtragshaushalt 2024 mehr Stellen für Polizisten schaffen. Innenminister Roman Poseck (CDU) sagte bei einer Regierungserklärung am Dienstag im Landtag in Wiesbaden, die innere Sicherheit sei mehr denn je Garant für ein freiheitliches und demokratisches Miteinander. Dabei sei die Polizei „das Herzstück unserer Sicherheitsarchitektur“ und müsse weiter gestärkt werden. So soll die Zahl der Polizisten in Hessen von knapp 15.950 bis zum Jahr 2025 auf mehr als 16.000 steigen. Mit Blick auf den Fachkräftemangel betonte Poseck, es werde alles daran gesetzt, genug Polizeinachwuchs zu finden, auch wenn die Gesamtumstände „nicht ganz einfach“ seien.

In der dritten Verhandlungsrunde im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes in Hessen an diesem Donnerstag und Freitag komme es voraussichtlich zu einem Abschluss. Er sei zuversichtlich, dass davon „auch unsere Polizistinnen und Polizisten maßgeblich profitieren werden“, ergänzte ihr oberster Dienstherr. Die Gewerkschaft der Polizei forderte am Rande der Plenarsitzung „ein deutliches finanzielles Signal der Landesregierung“. Laut Poseck soll zudem die geplante Anhebung der monatlichen Polizeizulage von rund 130 auf 160 Euro brutto zügig angegangen werden.

Auch in die Ausstattung der hessischen Polizisten fließe mehr Geld, versicherte Poseck. Sogenannte Taser, also Elektroimpulsgeräte, um Angreifer auf Distanz zu halten, sollen die Beamtinnen und Beamten flächendeckend erhalten. „Wir werden aber auch in Drohnen, in Digitalisierung, in Smartphones, in Tablets und in den Fuhrpark der Polizei weiter deutlich investieren“, sagte der Innenminister.

Poseck drang auf eine rechtssichere Grundlage für die umfassende Nutzung von Gesichtserkennungssoftware. „Es kann doch nicht richtig sein, dass bei uns inzwischen Private mutmaßliche Terroristen aufspüren, weil sie mehr Möglichkeiten als die Polizei haben“, ergänzte Poseck mit Blick auf die Festnahme der einstigen RAF-Terroristin Daniela Klette kürzlich in Berlin. Ein investigativer kanadischer Journalist hatte 2023 mit einem Gesichtserkennungsprogramm im Netz ältere mutmaßliche Fotos von ihr gefunden. Die Suche nach ihr vor Ort scheiterte aber zunächst. Die Datenschutz-Grundverordnung der EU verbietet es, biometrische Daten ohne explizite Einwilligung zu verarbeiten.

Die innenpolitische Sprecherin der AfD-Fraktion, Sandra Weegels, erklärte: „Wir haben No-go-Areas in Städten, ausufernde Konflikte fremder Länder auf unseren Straßen, offen gelebten islamischen Antisemitismus.“ Zudem verwies sie unter anderem auf den Anstieg der Drogenkriminalität. „Einiges davon war vor wenigen Jahrzehnten so nicht denkbar, mittlerweile ist es aber leider an der Tagesordnung“, sagte sie. Die von der Landesregierung angekündigte Innenstadtoffensive für mehr Sicherheit sei „schon wieder ein Politiker-Konzept, das nicht bei den Ursachen ansetzt, sondern durch das Generieren von tollen Zahlen für die Statistik nur Augenwischerei betreibt“.

Moritz Promny von der FDP-Fraktion sagte, es gebe zu wenig qualifizierten Nachwuchs für den Polizeiberuf. Im Vergleich zu anderen Bundesländern und zur Bundespolizei sei das Land Hessen kein attraktiver Arbeitgeber. Das Leben sei in vielen Städten wie etwa Frankfurt oder Wiesbaden nicht bezahlbar, sagte Promny. „Die hessische Polizei braucht dringend eine bessere und verfassungskonforme Bezahlung. Mit der angekündigten Anhebung der Polizeizulage ist es nicht getan.“

Die Grünen-Abgeordnete Vanessa Gronemann beklagte, dass die Zahl der Übergriffe auf Polizeibeamte und Rettungskräfte einen Höchstwert in der Statistik erreicht habe. „Wir verurteilen diese Angriffe aufs Schärfste“, sagte sie. Mit Blick auf Forderungen nach einem höheren Strafmaß für solche Taten warnte sie vor falschen Erwartungen. Die abschreckende Wirkung solcher Verschärfungen gehe bei ungeplanten Straftaten gegen null. Gronemann schlug vor, das Problem gemeinsam mit anderen Bundesländern anzugehen.

Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Lisa Gnadl, zeigte sich besorgt über die Steigerung rechtsextremistischer Straftaten um mehr als 400 Fälle. Es sei unerlässlich, dass die Sicherheitsbehörden den Druck auf rechtsextreme Strukturen aufrechterhalten und verstärken. Gerade Hessen habe mit dem Attentat in Hanau und dem Mord an Walter Lübcke gesehen, „wohin ein von rechtsextremer Propaganda vergiftetes öffentliches Klima führen kann“, mahnte Gnadl.

Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Deutscher in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Nach dem Attentat tötete er seine Mutter und sich selbst. Der Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke war 2019 von einem Rechtsextremisten getötet worden.

© dpa-infocom, dpa:240312-99-314376/3

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