Polizei Köln:Verdacht der Körperverletzung im Amt - fünf Polizisten suspendiert

Lesezeit: 2 Min.

Wer mit Gewalt prahle, habe bei der Polizei nichts zu suchen, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Was passierte nach einem Verkehrsunfall im Juni in Köln? Zwei Monate später ist ein Italiener tot. Bei Ermittlungen waren Chatnachrichten gefunden worden, die den Innenminister erschrecken.

Von Jana Stegemann, Düsseldorf

Herbert Reul ist bekannt dafür, Probleme in der Polizei offen anzusprechen. Dass die Lage ernst ist, merkt man dem nordrhein-westfälischen Innenminister am Montagmittag an, da tritt der CDU-Politiker im Ministerium vor die Kameras. Der Termin wurde kurzfristig einberufen. "Wir haben neue Erkenntnisse, und die werfen ein neues, erschreckendes Licht auf die Umstände", so beginnt Reul sein kurzes Statement.

Wenige Stunden zuvor war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Köln gegen fünf Polizisten des Präsidiums Köln ein Verfahren wegen des Verdachts der gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung im Amt eingeleitet hat. Und dass es von diesen Streifenpolizisten private Chatnachrichten gibt, in denen sie sich mindestens prahlerisch über Widerstandshandlungen und übermäßige körperliche Gewalt im Einsatz äußern.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alle Meldungen zur aktuellen Situation in der Ukraine und weltweit - im SZ am Morgen und SZ am Abend. Unser Nachrichten-Newsletter bringt Sie zweimal täglich auf den neuesten Stand. Hier kostenlos anmelden.

Aufklären muss die Staatsanwaltschaft nun, was am 24. April in Köln-Bickendorf passiert ist. Fest steht nur, dass es nach einem Verkehrsunfall mit anschließender Unfallflucht zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen den fünf beschuldigten Polizisten und einem an dem Unfall nicht beteiligten 59-jährigen Italiener gekommen ist. Der Mann war ein Angehöriger des Unfallverursachers, er soll sich in das Geschehen eingemischt haben.

Die Polizisten sollen daraufhin gegen den Italiener übermäßig Gewalt angewendet und ihn so schwer verletzt haben, dass er mit einem Rettungswagen in ein Kölner Krankenhaus gebracht werden musste. Diese Klinik verließ der Mann nach ambulanter Behandlung noch am selben Tag.

Haben die Polizisten Widerstand provoziert, um selbst zuschlagen zu können?

Zwei Monate später, Ende Juni, wurde der Italiener in ein anderes Krankenhaus eingeliefert - wo er nach zweiwöchiger stationärer Behandlung starb. Ob seine Verletzungen aus dem Vorfall in Köln ursächlich für seinen späteren Tod waren, ist noch unklar.

Die fünf Polizisten zwischen 20 und 40 Jahren wurden am Montag vorläufig vom Dienst suspendiert, parallel zu den strafrechtlichen Ermittlungen laufen Disziplinarverfahren gegen sie.

Im Rahmen der internen Ermittlungen waren auch die privaten Handys der Männer sichergestellt und "Textnachrichten mit nicht zu akzeptierendem Inhalt" gefunden worden, so Reul. Es seien zwar keine rechtsextremen oder rassistischen Chats. Allerdings Nachrichten, die einzeln und bilateral zwischen den Männern ausgetauscht worden sind, "die mich echt erschüttern und erschrecken, weil sie die Vermutung zulassen, dass hier Einzelne Gefallen an Widerstandshandlungen hatten oder finden". Es könne sein, dass es sich um "reine Prahlerei oder Imponiergehabe handelt, aber womöglich haben die Polizisten auch tatsächlich Widerstandshandlungen provoziert, um selbst körperliche Gewalt anwenden zu können."

Ein Beschuldigter hat laut Reul sogar mit den Folgen einer Zwangsanwendung geprahlt, ein anderer schrieb: "Ich habe gerade einen umgeklatscht."

Diese Nachrichten betreffen allerdings nicht die Auseinandersetzung mit dem Italiener in Köln-Bickendorf. "Allein der Inhalt dieser Nachrichten ist dennoch absolut inakzeptabel. Wer gewaltaffin ist oder mit Gewalt prahlt, der hat in meinen Augen nichts bei der Polizei zu suchen", sagt Reul. Vier der fünf Männer sind Beamte auf Probe. Sollten sie verurteilt werden, stehe sehr wahrscheinlich ihre Entlassung an.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMordrate in den USA
:Erschießen und erschossen werden

Gefährlich war es immer in den Großstädten der USA, aber in der Pandemie wurden Frust, Wut und Knarren zu einer tödlichen Mischung. Unterwegs in den Straßen von Philadelphia, wo es langsam zur Routine wird, die Toten einzusammeln.

Von Hubert Wetzel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: