Mitglieder der AfD sind in der Gewerkschaft der Polizei (GdP) nicht mehr willkommen. "Die AfD will mit Provokationen und Inszenierungen medienwirksam auffallen, ist gewerkschaftsfeindlich eingestellt und entzieht sich der solidarischen Basis unserer Gesellschaft", sagte der stellvertretende Vorsitzende Dietmar Schilff am Freitag nach einer Videokonferenz des GdP-Bundesvorstandes. Gleichzeitige Mitgliedschaften in der Partei und in der Gewerkschaft der Polizei seien deshalb "nicht miteinander vereinbar", teilte die GdP mit.
Beispielsweise hätten AfD-Politiker in der Corona-Krise an sogenannten Querdenker-Demonstrationen teilgenommen "und dabei offen den Schulterschluss mit Rechtsextremen, Antisemiten, Reichsbürgern und Verschwörungstheoretikern gesucht". Die AfD sei eine "menschenverachtende Partei, die sich weder der Demokratie noch der historischen Verantwortung Deutschlands verpflichtet fühlt", heißt es in einem Positionspapier der GdP.
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In dem Papier verweist die Gewerkschaft auch auf ihre Satzung. "Die Gewerkschaft der Polizei ist eine politische Organisation, die gemäß ihrer Satzung nicht zur Neutralität gegenüber Parteien verpflichtet ist. Sie kann und darf eine klare Haltung einnehmen. Sie wird sich nicht durch Einschüchterungsversuche davon abbringen lassen, berechtigte Kritik und Widerspruch gegenüber Parteien und deren Funktionärinnen und Funktionären zu äußern, wenn sie es für erforderlich, gar notwendig erachtet", heißt es darin.
Wie viele AfD-Mitglieder der Gewerkschaft aktuell angehören, ist nicht bekannt. Nach Auskunft eines Sprechers gibt es einige AfD-Funktionäre und auch Abgeordnete der Partei, die GdP-Mitglieder sind. So gehört etwa der AfD-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Polizeihauptkommissar Martin Hess der Gewerkschaft an. Er sagte, die GdP agiere hier als "verlängerter Arm der Grünen und der SPD", zweier Parteien also, die die Interessen von Polizeibeamten "regelmäßig mit Füßen" treten würden. Der Anteil an Soldaten und Polizisten in der AfD gilt im Vergleich zu anderen Parteien als hoch.
Die AfD kritisiert den Beschluss als "antidemokratisch"
Auch der AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla kritisierte den Beschluss der GdP. Er warf der Gewerkschaft vor, von Vielfalt zu reden, aber Andersdenkende auszuschließen. Mit dem Beschluss bekenne sich die Gewerkschaft zu ihrer "zutiefst intoleranten und antidemokratischen Grundhaltung", sagte Chrupalla der Süddeutschen Zeitung. Es zeige sich, dass die Gewerkschaft nicht bereit sei, die Interessen aller Polizisten zu vertreten, "sondern nur die Belange derjenigen, die sich in das ideologische GdP-Korsett zwängen lassen".
Die GdP ist mit knapp 195 000 Mitgliedern die deutlich größere von zwei Polizeigewerkschaften und steht mehr Berufsgruppen im Sicherheitsbereich offen als ihr Konkurrent, die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) mit etwa 100 000 Mitgliedern. Neben den beiden Gewerkschaften gibt es noch den Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), einen Berufsverband mit nur 13 000 Mitgliedern.
Bei der DPolG äußert man sich zurückhaltend zu dem Schritt der GdP. "Wir kontrollieren die Parteimitgliedschaften unserer Mitglieder grundsätzlich nicht, können dazu also auch keine Aussagen treffen. Ein 'Unvereinbarkeitsbeschluss' ist deshalb nicht auf der Tagesordnung, weil wir schlicht nicht wissen, ob es AfD-Mitglieder in nennenswertem Ausmaß in der DPolG gibt", sagte der DPolG-Bundesvorsitzende Rainer Wendt der SZ.
Beschlüsse wie der der GdP "scheitern an ihrer Umsetzbarkeit, können insofern zwar medial Wirkung erzielen, sonst aber nicht", so Wendt weiter. Deshalb favorisiere man bei der DPolG ein "differenziertes, aber wirkungsvolles Vorgehen, das auch mehr Rechtssicherheit verspricht". Wenn bekannt werde, dass sich einzelne Mitglieder mit Personen oder Inhalten solidarisierten, die Zweifel an der Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der DPolG rechtfertigen, "zum Beispiel durch gemeinsame Auftritte mit Björn Höcke und anderen", würden sie ausgeschlossen, erklärte Wendt.
In Sachsen sei so zum Beispiel ein Mitglied des Landtags aus der DPolG ausgeschlossen worden. In Sachsen-Anhalt sei einem anderen Abgeordneten die Aufnahme verweigert worden. "Ich persönlich habe der AfD jede Veröffentlichung mit Ablichtung meiner Person gerichtlich untersagen lassen", fügte Wendt an.