Politik kompakt:Nach dem Massaker: 96 Festnahmen in Nigeria

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Dem Massenmord folgt eine Massenverhaftung - in Nigeria greift die Regierung hart durch und nimmt 96 verdächtigte Nomaden fest. Kurzmeldungen im Überblick

Nach dem jüngsten Massaker in Nigeria haben Polizei und Militär 96 Männer vom muslimischen Nomadenstamm der Fulani Hausa festgenommen. Bei dem Überfall auf drei christliche Dörfer im zentralnigerianischen Bundesstaat Plateau waren in der Nacht zum Sonntag etwa 500 Menschen getötet worden. Der amtierende nigerianische Präsident Goodluck Jonathan zog Konsequenzen - und entließ den nationalen Sicherheitsberater. Erst im Januar waren mehr als 300 Menschen bei Unruhen zwischen Christen und Muslimen getötet worden.

US-Außenministerin Hillary Clinton hatte die nigerianische Regierung zu einer Aufklärung der Massaker an Christen und zu einer Bestrafung der Täter aufgerufen. Außerdem mahnte Clinton Besonnenheit an: "Wir rufen alle Parteien dringend auf, sich zurückzuhalten und einen konstruktiven Ausweg aus dem Kreislauf der Gewalt zu suchen." Mehrere hundert Opfer des Angriffs vom Wochenende wurden noch am Montag in Massengräbern beigesetzt, berichtete die Zeitung Vanguard. In den Dörfern wurden Soldaten stationiert, um weitere Übergriffe und Plünderungen zu verhindern. In Jos, der Hauptstadt des Staates Plateau, machten dem Zeitungsbericht zufolge Gerüchte über neue religiöse Gewalt die Runde. Daraufhin brach in mehreren Stadtteilen Panik aus.

Westerwelle will seinen Lebensgefährten weiter auf Auslandsreisen mitnehmen, der Vatikan wehrt sich gegen den Eindruck, Missbrauch komme nur in kirchlichen Bildungseinrichtungen vor und im Iran hat der Prozess gegen zwölf Polizisten begonnen: Auf den folgenden Seiten finden Sie weitere Kurzmeldungen.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) will seinen Lebensgefährten Michael Mronz weiter auf Auslandsreisen mitnehmen. Auf seiner Südamerika-Reise wies der FDP-Chef die Kritik der Opposition zurück. "Ich freue mich, dass sich Herr Mronz die Zeit nimmt, mich auf eigene Kosten zu begleiten, um sich in der Region über soziale Probleme zu informieren und dafür zu engagieren. Das wollen und werden wir fortsetzen." Der Sportveranstaltungsmanager Mronz begleitet Westerwelle auf seiner einwöchigen Reise durch Südamerika. Kritiker werfen Westerwelle vor, Beruf und Privatleben nicht auseinanderzuhalten.

In Uruguay, der dritten und vorletzten Station seiner Reise, unterzeichnete Westerwelle gemeinsam mit Außenminister Luis Almagro ein Doppelbesteuerungsabkommen. Uruguay steht derzeit noch auf einer "Grauen Liste" von Steueroasen, die die internationalen Standards zum Austausch von Finanzdaten nicht einhalten. Westerwelle sprach sich für einen weiteren Ausbau der Kontakte aus: Deutschland wolle in der lateinamerikanischen Welt auch "mit kleineren Staaten beste Beziehungen pflegen". Letzte Station von Westerwelles Südamerika-Reise ist Brasilien.

Der deutsche Diplomat Martin Kobler wird künftig als zweiter Mann für die Vereinten Nationen in Afghanistan tätig sein. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ernannte Kobler zum stellvertretenden UN-Sondergesandten in Kabul, wie sein Sprecher Martin Nesirky mitteilte. Kobler wird sich unter dem Schweden Stafan De Mistura vor allem um politische Aufgaben, Fragen zu Frieden und Stabilität in Afghanistan sowie um die Menschenrechte kümmern. UN-Angaben zufolge hält sich Kobler derzeit noch zur Einweisung in New York auf.

Angesichts immer neuer Missbrauchsenthüllungen will der Vorstand der Heppenheimer Odenwaldschule zurücktreten. Eine vorzeitige Neuwahl des Vorstandes sei zwingend und selbstverständlich, sagte Vorstandsmitglied Friedrich Springorum nach einem Bericht des Hessischen Rundfunks. Er begründete dies auch mit der zögerlichen Aufarbeitung von Missständen. Der Vorstand werde auf der turnusmäßigen Sitzung des Fördervereines der Schule am 27. März geschlossen zurücktreten. Wegen Missbrauchsfällen ermittelt inzwischen auch die Staatsanwaltschaft Darmstadt.

Der Vatikan hat eine Alleinschuld der katholischen Kirche bei Fällen von sexuellem Missbrauch in Bildungseinrichtungen zurückgewiesen. "Fehler, die von Institutionen und Mitgliedern der Kirche begangen wurden, sind angesichts der Verantwortung bei Moral- und Bildungsfragen besonders verwerflich", sagte Vatikan-Sprecher Frederico Lombardi. "Aber jede objektive und gutinformierte Person weiß, dass das Thema sehr viel breiter gefasst ist. Wenn die Anschuldigungen allein auf die Kirche konzentriert werden, bringt das die Dinge aus der Perspektive."

Lombardi nannte im Radiosender des Vatikans eine Studie aus Österreich, die 17 Fälle von Missbrauch in kirchennahen Einrichtungen aufliste, aber 510 in anderer Organisationen. "Es wäre gut, wenn man sich auch darüber Sorgen machen würde", sagte Lombardi. Er widersprach dem Vorwurf von Bundesjustizministern Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, der Vatikan habe die Aufarbeitung der Skandale um sexuellen Missbrauch behindert.

Wegen des Todes von mindestens drei Oppositionellen in einem iranischen Gefängnis ist der Prozess gegen zwölf Polizisten eröffnet worden. Neben den Angeklagten wohnten der Verhandlung vor einem Militärgericht in Teheran die Anwälte und mehrere Angehörige der Opfer bei, wie die offizielle Nachrichtenagentur Irna meldete. Die drei Oppositionellen, die sich an den öffentlichen Protesten gegen das Ergebnis der iranischen Präsidentschaftswahl im Juni vergangenen Jahres beteiligt hatten, waren während der Haft im Kahrisak-Gefängnis im Süden der Hauptstadt gestorben. Der Vorsitzende Richter Mohammad Mosaddegh erklärte, die Klage gegen die Beamten würde nicht die schwierige Arbeit der Polizei in Frage stellen. Die eingeschränkte Berichterstattung über den Prozess begründete er mit dem Verweis auf eine Gefahr für die öffentliche Ordnung.

Vor dem Jahrestag des Volksaufstands von 1959 in Tibet sind in Lhasa, der Hauptstadt der von China besetzten autonomen Region, 442 Menschen festgenommen worden. Im Rahmen der Kampagne "Hart Durchgreifen" seien mehr als 4115 Wohnungen durchsucht und Razzien in 178 Hotels, Gästehäusern sowie in mehr als 40 Vergnügungsstätten vorgenommen worden, berichtete die Stadtregierung. Sieben Menschen seien wegen Betrugs, Hehlerei oder Diebstahls verhaftet worden. Die Kampagne richtet sich neben Kriminellen auch gegen Unabhängigkeitskräfte, auch wenn in dem offiziellen Bericht keine Vorwürfe von Separatismus erwähnt werden. Vor zwei Jahren waren am Jahrestag des Aufstandes blutige Ausschreitungen in Lhasa ausgebrochen, die sich auf andere tibetisch bewohnte Gebiete ausgebreitet und die Vorbereitungen der Olympischen Spiele 2008 in Peking überschattet hatten.

Auch in Österreich kommen immer mehr Fälle von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche ans Licht. In Salzburg nahm an diesem Dienstag das Stift St. Peter zu seinem Erzabt Bruno Becker Stellung, der wegen Missbrauchsvorwürfen seinen Rücktritt angekündigt hatte. Das Internat des Privatgymnasiums des Bregenzer Zisterzienser-Klosters Mehrerau im Vorarlberg bestätigte einen Missbrauchsfall und körperliche Gewalt in den achtziger Jahren. Man habe damals einen Missbrauchs-Fall gehabt, der nicht angezeigt worden sei, sagte der Mehrerau-Abt Anselm van der Linde den Vorarlberger Nachrichten. Der Pater habe damals seine Tat gestanden und sei von der Kirche nach Tirol versetzt worden. Dort habe der heute 74-Jährige eine Therapie gemacht und arbeite weiter als Priester. 2001 habe dann ein weiterer Geistlicher seines Klosters einen drogensüchtigen Jungen in Innsbruck missbraucht. Er sei sofort suspendiert und vor Gericht verurteilt worden. Internatsleiter Regens Dominikus Matt gab zu, dass es in der Vergangenheit vereinzelt gewaltsame Übergriffe auf Schüler gegeben habe. In Salzburg hatte am Montag Erzabt Bruno Becker einen einmaligen sexuellen Missbrauch eines Minderjährigen vor mehr als 40 Jahren zugegeben und seinen Rücktritt erklärt.

US-Vize Biden kritisiert Jerusalem-Baupläne scharf

US-Vizepräsident Joe Biden hat bei seinem Besuch in Jerusalem in ungewöhnlich scharfer Form die neuen israelischen Baupläne im umstrittenen nordöstlichen Teil der Stadt kritisiert. Die Ankündigung sei "genau jene Art von Maßnahme, die das jetzt notwendige Vertrauen unterwandert und den konstruktiven Gesprächen zuwiderläuft, die ich hier in Israel hatte", hieß es in einer in Washington veröffentlichten Erklärung Bidens. "Wir müssen eine Atmosphäre schaffen, die Verhandlungen unterstützt, nicht verkompliziert", betonte er.

Das israelische Innenministerium hatte am Dienstag während des Besuchs von Biden in der Region den Bau von 1600 weiteren Wohnungen im Viertel Ramat Schlomo angekündigt. Die Palästinenser erklärten, die Pläne seien eine Provokation und könnten die neuen Friedensgespräche torpedieren, noch bevor sie begonnen hätten. Biden hatte sich zuvor optimistisch zu den Friedenschancen in Nahost geäußert.

Zugleich hatte der US-Vize-Präsident Israel uneingeschränkte Hilfe bei der Gewährleistung der nationalen Sicherheit zugesagt: "Zwischen den USA und Israel passt kein Blatt Papier, wenn es um die Sicherheit Israels geht", sagte er auf einer Pressekonferenz mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Jerusalem. Israel sieht sich von Iran bedroht und hat einen präventiven militärischen Angriff nicht ausgeschlossen.

Kurz vor dem Besuch von US-Präsident Barack Obama in Indonesien hat die Polizei in der Nähe von Jakarta ein Versteck der Terrororganisation Jemaah Islamiyah ausgehoben. Dabei wurde an diesem Dienstag offenbar der Islamist Dulmatin getötet, hieß es aus Behördenkreisen. Er gilt als Drahtzieher der Anschläge von Bali im Jahr 2002 gilt. Der Mann wurde in einem Internet-Café südwestlich von Jakartagestellt. Er schoss auf die Beamten, die in festnehmen wollten, und wurde daraufhin selbst erschossen. Ein Polizeisprecher betonte allerdings, man werde die Identität des Getöteten erst preisgeben, wenn sie einwandfrei feststehe. Dulmatin gilt als Elektronik-Spezialist, der in al-Qaida-Lagern in Afghanistan ausgebildet wurde. Bei den Terroranschlägen auf Bali wurden 202 Menschen getötet. Obama wird in der kommenden Woche in Jakarta erwartet. Er hatte dort Ende der sechziger Jahre als Kind vier Jahre gelebt und ist deshalb in Indonesien sehr populär. Die Razzia steht laut Polizei auch in Zusammenhang mit den jüngsten Fahndungserfolgen in Aceh. In der islamischen Provinz auf Sumatra waren in den vergangenen Wochen 16 Menschen festgenommen worden. Sie sollen der Jemaah Islamiyah nahestehen.

Im Zusammenhang mit dem Diebstahl der Leiche des früheren zyprischen Präsidenten Tassos Papadopoulos hat die Polizei drei Verdächtige festgenommen. Die drei Männer würden im Zusammenhang mit dem Verschwinden der Leiche verhört, teilte die Polizei mit. Der Leichnam von Papadopoulos war zuvor drei Monate nach seinem Verschwinden von einem Friedhof im Süden von Nikosia wieder aufgetaucht.

Nach einen Bericht des öffentlichen Fernsehens soll es sich bei einem der Verdächtigen um einen indischen Staatsbürger handeln, der sich mit einem gefälschten bulgarischen Pass in Zypern aufhielt. Der Mann soll geständig sein und seine zwei Komplizen belasten.

Der Diebstahl der Leiche des vor gut einem Jahr gestorbenen zyprischen Ex-Präsidenten hatte Anfang Dezember viele Rätsel aufgegeben.

Das Bistum Limburg untersucht derzeit Verdachtsfälle gegen fünf weitere Priester und kirchliche Mitarbeiter. Auch bei den neuen Fällen hat die Diözese nach eigener Aussage alle Informationen an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Die aktuell bekannt gewordenen Vorwürfe reichten weit zurück: Sie sollen sich in den 50er, 60er und 70er Jahren ereignet haben. Einige der Beschuldigten seien mittlerweile gestorben. Strafrechtlich seien die Taten bereits verjährt. Die Diözese setze trotzdem alles daran, jeden Verdachtsfall rigoros aufzuklären. Im Zuge der Untersuchungen sei zudem ein weiterer Fall in den Blick geraten: In den 70er Jahren gab es demnach ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Leiter des Musischen Internats in Hadamar. Der frühere Leiter der Limburger Domsingknaben sei im Jahr 2002 gestorben. Er sei nicht strafrechtlich verurteilt worden.

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