Gießen:Hessens Linke: Vorstandswahl und Rückblick auf Landtagswahl

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Gießen (dpa/lhe) - Die hessischen Linken haben auf ihrem Parteitag in Gießen am Samstag Petra Heimer zur neuen Landesvorsitzenden gewählt. Sie bildet mit Jan Schalauske eine Doppelspitze im Landesvorstand, der dort weiterhin bleibt. Analysiert wurde auf dem Landesparteitag außerdem die vergangene Landtagswahl im Oktober.

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Gießen (dpa/lhe) - Die hessischen Linken haben auf ihrem Parteitag in Gießen am Samstag Petra Heimer zur neuen Landesvorsitzenden gewählt. Sie bildet mit Jan Schalauske eine Doppelspitze im Landesvorstand, der dort weiterhin bleibt. Analysiert wurde auf dem Landesparteitag außerdem die vergangene Landtagswahl im Oktober.

„Ja, wir hätten uns etwas mehr gewünscht“, sagte Janine Wissler, Spitzenkandidatin für die Landtagswahl und Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag. Die Partei hatte bei der Wahl mit 6,3 Prozent etwas besser abgeschnitten als 2013. „Das ist eine ganze Menge für die Linke in einem westdeutschen Flächenland“, sagte sie. Angesichts der starken Verluste der SPD und guter Umfragewerte im Voraus hätte man sich aber eine sieben oder eine acht vor dem Komma gewünscht. „Wir haben Luft nach oben“, sagte Wissler.

Im Landtag will die Linke, die künftig mit neun statt sechs Abgeordneten vertreten sein wird, gegen die AfD arbeiten. „Lasst uns der Hetze von rechts einen Pol der Hoffnung von links entgegenstellen“, sagte Wissler. Dass das Thema Migration aktuell beim Verfahren um die Bewerbung für den CDU-Bundesvorsitz so im Fokus steht, kritisierte sie. Man lasse zu, dass die Themen der AfD die Debatte bestimmen, sagte sie. „Man gräbt Rechten niemals das Wasser ab, indem man ihre Parolen übernimmt. Damit macht man sie stark.“

Das Wahlergebnis sei eine Klatsche für SPD und CDU gewesen. Beide Parteien würden auf Bundesebene eine Politik der sozialen Kälte betreiben, sagte Jan Schalauske, der ebenfalls Spitzenkandidat bei der Landtagswahl war. Die bei der Wahl erfolgreichen Grünen würden Verkehrs- und Energiewende nicht vorantreiben und einen grün angestrichenen Kapitalismus betreiben.

Wissler und Schalauske zeigten sich außerdem solidarisch mit den Amazon-Mitarbeitern, die nach einem Aufruf von Verdi am sogenannten „Black Friday“ am größten deutschen Standort des US-Versandhandelsriesen in Bad Hersfeld streikten. Der aus den USA stammende Shopping-Tag „Black Friday“ (Schwarzer Freitag) gilt als Start in die Saison der Weihnachtseinkäufe.

Einig waren sich die beiden Spitzenkandidaten und die Basis darin, dass sich die Partei stärker um Wähler im ländlichen Raum bemühen müsse. Bei der Landtagswahl hatten die Linken in der Stadt besser abgeschnitten als auf dem Land.

Mit der Gewinnung von Wählern im ländlichen Raum wird auch der in Gießen gewählte Vorstand beschäftigt sein. Petra Heimer wählten 130 von 172 Delegierten, Jan Schalauske erhielt 143 Stimmen. Bei beiden Wahlen gab es keine Gegenkandidaten. Die hessischen Linken haben eine gleichberechtigte Doppelspitze. Die bisherige Vorsitzende Heidemarie Scheuch-Paschkewitz war nicht mehr angetreten. Sie wird über die Landesliste der Linken in den künftigen Landtag einziehen.

Zu stellvertretenden Vorsitzenden wurden Marjana Schott und Michael Erhardt gewählt. Schott setzte sich in der Stichwahl mit 88 zu 78 Stimmen gegen Milena Hildebrand durch. Erhardt ist seit 2014 stellvertretender Vorsitzender. Er setzte sich mit 98 zu 66 Stimmen gegen Danielle Lichère durch.

Der Bundesvorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, griff auf dem Parteitag den Kandidaten für den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz, nach dessen Aussagen zum Asylrecht scharf an. „Er hat jetzt das Asylrecht infrage gestellt. Da muss man deutlich sagen: Dieser Mann ist völlig verrückt“, sagte Riexinger. Das Asylrecht sei eine geschichtliche Errungenschaft und Resultat davon, dass Millionen Menschen in Deutschland vor Faschismus und Diktatur hätten fliehen müssen. „So etwas zur Disposition zu stellen, heißt im Prinzip, unser geschichtliches Vermächtnis des Antifaschismus infrage zu stellen.“ Merz hatte am Mittwoch in Zweifel gezogen, ob das im Grundgesetz festgeschriebene Individualrecht auf Asyl „in dieser Form fortbestehen“ könne. Dafür erhielt er deutliche Kritik.

Angesichts des Erstarkens der Grünen übte Riexinger Selbstkritik. „Wir erleben gerade einen Hype der Grünen, den wir alle nicht so auf der Agenda hatten“, sagte er. „Wir hätten ihnen diese Rolle der Menschenrechtspartei und der Gegnerschaft gegen die AfD niemals überlassen dürfen.“ Die Linke hätte durch „zwielichtige Aussagen“ aus den eigenen Reihen Anteil daran und müsse den Grünen diese Rolle wieder streitig machen.

Der Parteitag sollte am Sonntag fortgesetzt werden. Dann sollten weitere Wahlen im Vorstand sowie die Vorbereitung der Partei auf die Europawahlen 2019 und die hessischen Kommunalwahlen 2021 anstehen.

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