Polen-Politik:Steinbach: Westerwelle soll Kurs wechseln

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Vertriebenpräsidentin Erika Steinbach hält das deutsch-polnische Verhältnis für "labil" - und pocht auf ihren Sitz in der Vertriebenenstiftung.

Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, hat angekündigt, ihren umstrittenen Platz im Rat der "Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung" einnehmen zu wollen.

Präsidentin des Bundes der Vertriebenen und CDU-Politikerin: Erika Steinbach (Foto: Foto: dpa)

In einem einem Gastkommentar für die Bild am Sonntag schrieb die CDU-Politikerin: "Die Bundeskanzlerin hat mehrfach deutlich gemacht, dass es das Recht unseres Verbandes ist, frei über seine Vertretung im Rat der 'Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung' zu entscheiden".

Aufforderung an Westerwelle

In wenigen Tagen werde das Präsidium darüber abschließend beraten. so die CDU-Bundestagsabgeordnete.

Die Vertriebenenorganisation hatte ihre Präsidentin bereits früher in den Stiftungsrat entsenden wollen, davon jedoch nach heftigen Konflikten mit Polen und der SPD zunächst abgesehen. In ihrer Funktion wird die Vertriebenenpräsidentin als Vertreterin eines jahrelangen Revanchismus wahrgenommen.

Steinbach kritisierte in ihrem Beitrag auch die deutsche Politik gegenüber Polen. Vom neuen Außenminister Guido Westerwelle (FDP) verlangt sie einen Kurswechsel. Er solle die Fehler seines Vorgängers Frank-Walter Steinmeier (SPD) vermeiden.

Steinbrach schrieb, es sei ein Fehler zu glauben, dass sich ein gutes Miteinander und Vertrauen zu anderen Ländern durch Opfergaben zu Lasten eigener Bürger oder Organisationen erkaufen lasse. Etliche deutsche Politiker gefielen sich darin, in Polen wider besseres Wissen Ängste zu schüren, anstatt sie abzubauen.

Auf höchster politischer Ebene halte sie das Verhältnis zwischen Berlin und Warschau so lange für labil, "wie man sich von deutscher Seite scheut, die Traumata Millionen deutscher Vertreibungsopfer in unserem Nachbarland zu erklären und um Verständnis zu werben", schrieb Steinbach. Das mindere nicht die deutsche Verantwortung für millionenfach Polen zugefügtes Leiden.

Steinbach weiter: "Ein deutscher Außenpolitiker irrt, wenn er glaubt, dass sich ein gutes Miteinander und Vertrauen zu anderen Ländern durch Opfergaben zulasten eigener Bürger oder Organisationen erkaufen ließe".

Sudetendeutsche heizen Vertriebenendebatte an

Derweil heizte die Sudetendeutsche Landsmannschaft erneut die Diskussion über die Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg an. Die Tschechische Republik müsse endlich die "rassistischen und menschenrechtswidrigen" Benes-Dekrete aufheben, hieß es an diesem Sonntag in einer Mitteilung nach einer Tagung des Sudetendeutschen Heimatrates in Bad Kissingen. In Tschechien würden Menschen- und Volksgruppenrechte "anders definiert und ausgeübt" als in der übrigen EU.

Der EU-kritische tschechische Präsident Vaclav Klaus hatte am Dienstag als letztes EU-Staatsoberhaupt den Lissabon-Vertrag unterschrieben, nachdem das tschechische Verfassungsgericht grünes Licht für das Regelwerk gegeben hatte. Klaus hatte mit seinen Einwänden zuvor versucht, die umstrittenen Benes-Dekrete, auf deren Grundlage Hunderttausende Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben und enteignet wurden, juristisch abzusichern.

Die Sudetendeutschen erklärten, die Dekrete belasteten das Verhältnis zwischen den Völkern und schadeten auch den Tschechen selbst schwer. Die Regierungen von Deutschland, Österreich und Ungarn wurden aufgefordert, dafür zu sorgen, "dass den unter den Benes-Dekreten kollektiv entrechteten Volksgruppen, also Sudeten- und Karpatendeutschen sowie Magyaren, endlich Gerechtigkeit widerfährt".

Zudem sollten die tschechische Regierung, das Parlament und der Senat endlich in direkten Dialog mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft treten.

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