Pkw-Maut:Seehofers Jonglierkunst

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Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (links, CSU) kann sich über das Brüsseler Votum freuen (Foto: dpa)

Das clevere Taktieren im Wahlkampf zahlt sich aus. Dass die EU-Kommission Seehofers Maut-Idee stützt, kann dieser nun seinen Kritikern unter die Nase reiben. Wenn Kanzlerin Merkel die Abgabe vermeiden will, muss sie dem CSU-Chef große Zugeständnisse machen.

Ein Kommentar von Stefan Braun, Berlin

Horst Seehofer wird das Votum aus Brüssel genießen. Die EU-Kommission hat ihm grünes Licht für seine Mautpläne gegeben. Sie hat signalisiert, dass sie keine rechtlichen Bedenken hätte, sollte es in Deutschland eine Maut oder Vignette geben, die mit einer Senkung der Kfz-Steuer einhergehen würde.

Das ist zwar keine Maut nur für Ausländer. Aber es ist eine Maut, die ausländische Autofahrer voll entrichten müssen, während Deutsche zum Ausgleich an anderer Stelle entlastet werden. Seehofers Grundidee steht damit rechtlich nichts mehr im Wege. Nimmt man die harsche Kritik an Seehofers Plänen, dann ist das schon ein besonderer Erfolg des bayerischen Ministerpräsidenten.

Die meisten Politiker erklärten nämlich, Seehofers Pläne seien diskriminierend, mit EU-Recht nicht vereinbar und deshalb mit ihnen nicht zu machen. Die SPD hat das ins Land hinausgerufen, ebenso die FDP, die Grünen und auch die meisten Christdemokraten. Und als Bundeskanzlerin Angela Merkel im TV-Duell mit Peer Steinbrück damit konfrontiert wurde, erklärte sie, mit ihr werde es das auf keinen Fall geben.

Man braucht nicht viel Phantasie, um zu ahnen, mit welchem Genuss Seehofer das seinen Kritikern unter die Nase reiben wird. Und man braucht auch nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie Merkel und die SPD in dem Moment dreinschauen werden.

Hotelsteuer, Betreuungsgeld und jetzt die Maut

Der Verlauf dieser Debatte zeigt exemplarisch, wie der Politjongleur Seehofer Politik macht. Er wählte sich ein Thema, er polemisierte kräftig, indem er von einer "Maut für Ausländer" sprach, und lud es so emotional auf. Es gefiel ihm, dass viele Feinde und viele Freunde Buh riefen und die meisten Menschen frohlockten, weil sie selbst im Ausland fast überall zur Kasse gebeten werden. So bekam er im Wahlkampf das, was er haben wollte: das Image des Kämpfers, der gegen alle Korrektheit für das eintritt, was er als richtig erachtet.

Dass ein Hauch von Ausländerfeindlichkeit mitschwang, hat ihn nicht gestört. Jedenfalls hat er nie versucht, diesem Eindruck wirklich entgegenzutreten. Dabei war ihm stets klar, dass eine Maut nur für Ausländer nie kommen würde. Er wusste, dass es nur über eine Kompensation beispielsweise bei der Kfz-Steuer funktionieren könnte. Das zu sagen, hätte im Wahlkampf freilich nicht diese Wirkung entfaltet.

Also zog er lieber die Kritik der Politiker und Medien auf sich und konnte leise hoffen, dass die Kfz-Steuer seine Lösung sein würde. Man kann das clever nennen oder zynisch und kalt. Sicher ist, dass es eine Kraft entfaltet. Seehofer wird seine Maut nun bekommen - oder sie sich zu einem hohen Preis abhandeln lassen.

Es stimmt schon, dass Angela Merkel Kanzlerin ist in Deutschland. Und es ist richtig, dass sie in der so wichtigen Europapolitik den Kurs vorgibt. In der Innenpolitik aber ist es seit Jahren vor allem Horst Seehofer, der Pflöcke einhaut. Hotelsteuer, Betreuungsgeld, jetzt die Maut - es ist schon beachtlich, was die kleine CSU der Merkel-CDU alles aufzwingt.

© SZ vom 31.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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