In der sogenannten "Partygate"-Affäre um Feiern während des Lockdowns soll nun auch mögliche Versammlungen in der Privatwohnung von Premier Boris Johnson nachgegangen werden. Die Untersuchung der Regierungsbeamtin Sue Gray, die in London mit Spannung erwartet wird, werde auch angebliche Partys in der Wohnung des Premiers in der Downing Street Nummer 11 umfassen, berichtete die Times unter Berufung auf Insider-Quellen. So sollen enge Freunde von Johnsons Frau Carrie häufiger in Lockdown-Zeiten zu Gast gewesen sein - offiziell aus Arbeitsgründen.
An dieser Darstellung gibt es dem Bericht zufolge jedoch deshalb Zweifel, weil die genannten Freunde gar nicht direkt für die Downing Street arbeiteten, sondern für das angegliederte Cabinet Office. Johnsons Ex-Berater Dominic Cummings, der heute zu seinen schärfsten Kritikern zählt, hatte schon früher den Vorwurf erhoben, auch in Johnsons eigener Wohnung - nicht nur in den Büroräumen - hätten unerlaubte Partys stattgefunden.
Nachdem der Druck auf Boris Johnson in den vergangenen Wochen durch etliche Enthüllungen immer weiter gestiegen ist, droht ihm ein Misstrauensvotum. Mehrere Abgeordnete, auch aus den eigenen Reihen, haben bereits öffentlich den Rücktritt des Premiers gefordert. Andere wollen die Ergebnisse der offiziellen Untersuchung abwarten.
Großbritannien:Boris Johnson kämpft um sein Amt
Der britische Premier muss sich Rücktrittsforderungen aus der eigenen Partei stellen: "In Gottes Namen, gehen Sie!" Daraufhin hebt er alle Corona-Beschränkungen auf.
Angebliche Erpressung von Abgeordneten
Auch in dieser Woche kam der Premier nicht aus den Negativschlagzeilen. Nachdem sich Johnson am Mittwoch mit einem kämpferischen Auftritt im Parlament ein wenig Luft verschafft hatte, kamen am Donnerstag Vorwürfe über angebliche Erpressungstaktiken gegen aufsässige Tory-Abgeordnete auf.
Er habe Berichte über die Erpressung von Abgeordneten erhalten, sagte der Vorsitzende des Verwaltungs- und Verfassungsausschusses im Unterhaus, William Wragg, am Donnerstag. Konservative Parlamentsmitglieder, die im Verdacht stünden, dem Premier die Gefolgschaft zu versagen, seien von Regierungsmitarbeitern mit der Veröffentlichung kompromittierenden Materials in der Presse bedroht worden.
Der Ausschussvorsitzende gehört selbst der Tory-Partei an und zählt zu Johnsons Kritikern. Er riet dazu, bei der Polizei Anzeige zu erstatten. Auch Parlamentspräsident Lindsay Hoyle zeigte sich beunruhigt. Wer versuche, Abgeordnete durch Drohungen an der Ausübung ihrer Tätigkeit zu hindern, mache sich der Missachtung des Parlaments schuldig, so Hoyle.