Parteitag:Stühlerücken in der CDU-Spitze

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Lobbyistin im CDU-Vorstand: Katherina Reiche. (Foto: imago stock&people)

Innenminister de Maizière und Kulturstaatsministerin Grütters sollen ins Präsidium aufrücken - eine andere Personalie ist umstritten.

Von Robert Roßmann, Berlin

Angela Merkel und ihre Kolleginnen und Kollegen in der CDU-Spitze müssen sich alle zwei Jahre zur Wahl stellen. Anfang Dezember ist es wieder so weit, dann kommt in Essen der CDU-Parteitag zusammen. Im Mittelpunkt des Interesses dürfte natürlich das Ergebnis der Vorsitzenden stehen. Auf dem letzten Wahlparteitag stand Merkel im Zenit ihrer Beliebtheit, der Streit über die Flüchtlingspolitik war noch in weiter Ferne. Die CDU-Chefin bekam damals gut 96 Prozent der Stimmen. An diesem Ergebnis wird sie jetzt gemessen werden. Auch Merkels Stellvertreter werden im Fokus stehen. Wird Julia Klöckner trotz ihrer Wahlniederlage in Rheinland-Pfalz wieder das beste Ergebnis der fünf Stellvertreter erhalten? Und wird Ursula von der Leyen erneut am schlechtesten abschneiden?

Unterhalb Merkels und ihrer Stellvertreter wird es in Essen auch personelle Veränderungen geben. Statt des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich soll Innenminister Thomas de Maizière ins Präsidium einziehen. Damit will die CDU auch die Bedeutung der inneren Sicherheit für die Partei demonstrieren. Tillich wird trotzdem weiter an den Präsidiumssitzungen teilnehmen dürfen. Als Ministerpräsident wird er dann qua Amt beratendes Mitglied sein. De Maizière stammt wie Tillich aus dem Landesverband Sachsen.

Auch der Landesverband Berlin will für einen Wechsel sorgen. Statt der scheidenden Staatssekretärin Emine Demirbüken-Wegner soll die Kulturstaatsministerin und designierte Landesvorsitzende Monika Grütters in den engsten Machtzirkel der CDU einziehen. Die fünf weiteren Präsidiumsmitglieder sollen im Amt bestätigt werden. Finanzminister Wolfgang Schäuble, sein Staatssekretär Jens Spahn, Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident David McAllister und der Chef des Arbeitnehmer-Flügels, Karl-Josef Laumann, werden also auch in Zukunft im Präsidium sitzen.

Bei der Neuwahl der erweiterten Parteispitze, dem CDU-Vorstand, dürfte eine Personalie für Kritik sorgen. Katherina Reiche wurde von ihrem Landesverband Brandenburg offiziell zur Wiederwahl vorgeschlagen, obwohl sie inzwischen ihre politischen Ämter niedergelegt hat und in die Wirtschaft gewechselt ist.

Reiche saß seit 1998 im Bundestag, 2009 wurde sie auch parlamentarische Staatssekretärin. Im Februar 2015 - und damit kurz vor dem Inkrafttreten des Karenzzeit-Gesetzes, das Zwangspausen für Regierungsmitglieder vor einem Wechsel in die Wirtschaft vorsieht - ließ sich Reiche zur Hauptgeschäftsführerin des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) wählen. Ihr Bundestagsmandat behielt Reiche trotzdem noch bis zum Dienstantritt beim VKU im September 2015. Ihren Sitz im CDU-Bundesvorstand hat sie bis heute nicht niedergelegt. Jetzt will sie sich wieder wählen lassen, obwohl sie hauptamtliche Lobbyistin für die Interessen der kommunalen Unternehmen ist. Diese eigenartige Verquickung von Interessen dürfte auf dem Parteitag für Diskussionen sorgen.

Reiches Rückzug aus dem Bundestag hatte die Union einen Sitz gekostet. Da Andrea Voßhoff als einzig verbliebene Nachrückerin der brandenburgischen CDU-Landesliste das Mandat nicht annahm, weil es mit ihrer Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte unvereinbar ist, blieb der Platz Reiches im Bundestag leer. Die Union stellt deshalb jetzt nur noch 310 statt 311 Abgeordnete.

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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