Stuttgart:Ehe für alle - Streit um Abstimmungstermin auch im Südwesten

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Stuttgart (dpa/lsw) - Baden-Württembergs Innenminister und CDU-Landeschef Thomas Strobl hat vor Schnellschüssen bei einer möglichen Abstimmung über die Homo-Ehe gewarnt. Er habe kein Verständnis dafür, wenn ein so ernstes Thema quasi "im Schlussverkauf des Deutschen Bundestags einmal geschwind auch mit erledigt wird", sagte er am Dienstag in Stuttgart. Es gehe schließlich um eine Neudefinition eines Jahrtausende alten Instituts. Auch der Landeschef der Jungen Union, Nikolas Löbel, sagte: "Die Entscheidung ist zu wichtig, um sie übers Knie zu brechen."

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Stuttgart (dpa/lsw) - Baden-Württembergs Innenminister und CDU-Landeschef Thomas Strobl hat vor Schnellschüssen bei einer möglichen Abstimmung über die Homo-Ehe gewarnt. Er habe kein Verständnis dafür, wenn ein so ernstes Thema quasi „im Schlussverkauf des Deutschen Bundestags einmal geschwind auch mit erledigt wird“, sagte er am Dienstag in Stuttgart. Es gehe schließlich um eine Neudefinition eines Jahrtausende alten Instituts. Auch der Landeschef der Jungen Union, Nikolas Löbel, sagte: Die Entscheidung ist zu wichtig, um sie übers Knie zu brechen.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß warf der SPD gar einen Koalitionsbruch vor. „Ich finde ein solches abgekürztes Verfahren und die Haltung der SPD dazu unanständig und unwürdig“, sagte der Politiker aus dem Wahlkreis Sigmaringen-Zollernalb am Dienstag. Vereinbart sei mit der SPD-Fraktion nur eine gemeinsame Initiative gewesen. Dass die SPD am letzten Tag der Sitzungswochen ein Gesetz durchdrücken wolle, sei ärgerlich. „Wir wissen noch nicht einmal worüber wir genau abstimmen sollen.“

Europa-Minister Guido Wolf (CDU) sagte: „Es ist hinreichend bekannt, dass es in unserer Partei unterschiedliche Auffassungen zu dieser Thematik gibt.“ Einer Abstimmung ohne Fraktionszwang stehe er generell nicht entgegen, allerdings erst nach der Bundestagswahl.

Damit reagierten die Unions-Politiker auf Forderungen der SPD und der Grünen, den Bundestag noch in dieser Legislaturperiode entscheiden zu lassen. Hintergrund ist die Äußerung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), dass der nächste Bundestag ohne Fraktionszwang darüber abstimmen könnte, die Ehe für alle zu öffnen. Die CDU-Bundesvorsitzende hob am Dienstagnachmittag den Fraktionszwang in der Union in dieser Frage auf. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) befürwortete das: Das ist vielleicht keine schlechte Lösung.

Anders als seine Parteifreunde schlug der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann eine Abstimmung noch in dieser Woche vor. Der Stuttgarter, der in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, dankte Merkel auf Twitter und schrieb: Wie befreiend!

Kretschmann sagte, als Katholik stehe er in der Frage der Gleichstellung von hetero- und homosexuellen Lebensgemeinschaften seit Jahren in Opposition zu seiner Kirche. Ungeachtet von religiösen Fragen könne es nicht Aufgabe eines liberalen Verfassungsstaates sein, Bürgern eine Lebensweise zu verweigern, die anderen gar nicht schade.

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart betonte, die Haltung zur kirchlichen Ehe verändere sich ungeachtet der politischen Diskussion nicht. Die sakramental geschlossene Ehe sei Mann und Frau mit der Offenheit für Kinder, die aus der Verbindung hervorgehen, vorbehalten, erläuterte ein Sprecher. Eine Ehe zwischen Homosexuellen sei theologisch nicht möglich. Dies bedeute aber nicht, dass man Menschen mit dieser sexuellen Orientierung und Kindern, die in diese Beziehung hineingenommen werden, nicht die gleiche Wertschätzung entgegenbringe wie Heterosexuellen.

Strobl sagte, er selbst habe stets dafür plädiert, dass alle Diskriminierungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften gegenüber der Ehe beseitigt werden. Eine Abstimmung ohne Fraktionszwang sei sinnvoll, denn die Öffnung der Ehe für alle sei doch eine höchstpersönliche Frage, eine Frage des Gewissens.

Dafür rügte ihn die SPD-Landeschefin Leni Breymaier: Strobl sagt heute, die Ehe für alle soll zwar nicht im Schlussverkauf durchgepeitscht werden, aber eigentlich sei er schon immer dafür gewesen. Strobls Positionen änderten sich je nachdem, woher der Wind gerade wehe. Breymaier erinnerte daran, dass die SPD bei dem Thema längst einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt habe.

Löbel sprach von einem richtigen und mutigen Schritt Merkels. Er selbst sei Anhänger der Homo-Ehe: Für mich ist die Ehe eine Verbindung zwischen Menschen, die sich lieben und Verantwortung für einander übernehmen wollen.

Grünen-Bundeschef Cem Özdemir sieht in der Ankündigung Merkels einen weiteren Abschied der Union von einer Lebenslüge. „Unsere Gesellschaft ist lange schon viel weiter und die Zustimmung zur Ehe für alle mittlerweile groß. Das hat die Kanzlerin jetzt erst im Wahlkampf erkannt und ihre Position revidiert“, sagte der Spitzenkandidat seiner Partei für die Bundestagswahl dem „Mannheimer Morgen“ und der „Heilbronner Stimme“.

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