Parteien - Saarbrücken:JU debattiert über Urwahl: AKK in Verteidigungsposition

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Saarbrücken/Berlin (dpa) - CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihre Partei angesichts der Urwahl-Debatte zur Kanzlerkandidatur vor lähmender Selbstbeschäftigung und Personaldebatten gewarnt. Am Rande eines Besuchs am Freitag in der lettischen Hauptstadt Riga bekräftigte sie ihre Ablehnung einer Urwahl und sagte: "Ich selbst bin eine wirklich tiefe, überzeugte Verfechterin des repräsentativen Systems." Und sie fügte hinzu: "Das gilt für das Parlament, das gilt aber auch für die Entscheidungen in meiner eigenen Partei. Das war so und das ist auch so."

Die Junge Union (JU) will am Freitagabend, gleich zu Beginn ihres dreitägigen Deutschlandtages in Saarbrücken, über die Möglichkeit einer Urwahl entscheiden. Den Delegierten liegen drei Anträge dazu vor. Einer fordert grundsätzlich mehr Mitsprache der Basis, ein zweiter spricht sich für die Urwahl zur Bestimmung der Kanzlerkandidatur aus, und ein dritter Antrag will den Angaben zufolge sowohl den Parteivorsitz wie auch die Kanzlerkandidatur über eine Urwahl bestimmen.

Kramp-Karrenbauer gab sich selbstbewusst. In Riga sagte sie, es stehe der Jungen Union frei, diesen Antrag, wenn er angenommen werde, beim CDU-Bundesparteitag Ende November in Leipzig einzubringen. Und im "Tagesspiegel" (Freitag) sagte sie ergänzend: "Im Übrigen habe ich im letzten Jahr gezeigt, dass ich vor keinem demokratischen Auswahlverfahren Angst haben muss." Im Kampf um den CDU-Vorsitz hatte sie sich gegen Friedrich Merz und Jens Spahn durchgesetzt.

Kramp-Karrenbauer versucht in der Urwahl-Debatte, die wohl auch gegen sie gerichtet ist, wieder in die Offensive zu kommen. Der Zeitung sagte sie: "Wir haben in einigen Landesverbänden Urwahlen durchgeführt - nicht immer mit dem besten Ergebnis für den inneren Zusammenhalt." Und: "Die Partei muss wieder Spaß an sich selbst haben." In die Defensive war Kramp-Karrenbauer zuletzt auch deswegen geraten, weil neben der erzkonservativen Werteunion eben auch in der Jungen Union der Wunsch nach einer Urwahl, also nach einer Mitgliederbefragung zur Kanzlerkandidatur, lauter wurde.

Der Vorsitzende der Nachwuchsorganisation von CDU und CSU, Tilman Kuban, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Forderung nach einer Urwahl sei keine Provokation Kramp-Karrenbauers. Er habe schon im Sommer mehrfach dafür geworben, "dass wir ein Verfahren festlegen, wie wir den nächsten Kanzlerkandidaten bestimmen. Und ich sehe momentan innerhalb der Partei, dass es einen großen Willen dafür gibt, dass die Basis mehr Mitsprache bekommt."

"Ich bin das Gesicht, das der Parteitag gewählt hat", sagte Kramp-Karrenbauer dem "Tagesspiegel". "Mir ist die Aufgabe anvertraut worden, die Partei zu führen und weiterzuentwickeln." Auf die Frage nach ihren schlechten persönlichen Umfragewerten sagte die Ministerin: "Die CDU steht in einer Umbruchphase. Da ist es ganz natürlich, dass wir Diskussionen erleben und auch Unruhe in der Partei." Ihr Rezept laute: "Konsequent weiterarbeiten."

Kramp-Karrenbauer ließ erneut Kritik anklingen, wie Kanzlerin Angela Merkel ihr die Partei nach 18 Jahre an der Spitze hinterlassen hat. Sie sagte dem "Tagesspiegel", um Menschen für die CDU begeistern zu können, brauche sie erstmal eine "Binnenmotivation". Sie fügte hinzu: "Für mich heißt Erfolg für die CDU aktuell, wieder zu einer Partei zu werden, die mit Blick auf die Gesichter, die Inhalte und die Art, wie wir uns präsentieren, von sich selbst sagt: Das macht Lust auf Zukunft."

Trotz dieser indirekten Kritik an ihrer Vorgängerin sieht die CDU-Chefin kein eingetrübtes Verhältnis zwischen sich und Merkel. "Wir stehen im engen Kontakt und tauschen uns regelmäßig aus", sagte Kramp-Karrenbauer. Zuletzt hatte es Spekulationen um ein Zerwürfnis gegeben, weil Merkel die Verteidigungsministerin nicht in ihrer Maschine in die USA mitfliegen ließ.

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder sprach sich im "Spiegel" gegen eine Urwahl des Unionskanzlerkandidaten aus. "Sie verstößt gegen die Idee einer gemeinsamen Entscheidung von CDU und CSU." Es könne nicht sein, "dass eine Unionsschwester per Urwahl einen Kanzlerkandidaten bestimmt und die andere das nur noch abnicken kann". Zu seinen eigenen Ambitionen auf eine mögliche Kanzlerkandidatur hält sich Söder laut "Spiegel" bedeckt. "Meine Aufgabe ist Bayern. Was nicht heißt, dass ich mich nicht auch national für die Union einbringen werde. Aber als Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender", sagte er.

Zum Auftakt des Deutschlandtages in Saarbrücken ist ein Grußwort von Friedrich Merz vorgesehen, dem Vizepräsidenten des CDU-Wirtschaftsrates. Bis Sonntag kommt es zu einem regelrechten Schaulaufen möglicher Kanzlerkandidaten der Union. Am Samstag treten unter anderem Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sowie Söder auf. Am Sonntag wird dann die CDU-Chefin zur Nachwuchsorganisation sprechen.

Kurz nach Beginn will die JU die Konferenz wieder unterbrechen und mit einem Trauerzug zur Synagoge in Saarbrücken der Opfer des mutmaßlichen Rechtsterroristen von Halle gedenken.

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