Düsseldorf:AfD-NRW will „Nazi-Sprech“ ahnden

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Die nordrhein-westfälische AfD will personelle Konsequenzen ziehen, um völkisch-nationalistische Äußerungen von Parteimitgliedern zu stoppen. Gegen den Münsteraner Bezirksvorsitzenden Steffen Christ soll laut Landeschef Helmut Seifen beim Landesschiedsgericht eine Amtsenthebung und eine Ämtersperre auf ein Jahr beantragt werden. Dies sei am Dienstagabend auf einer Landesvorstandssitzung mehrheitlich beschlossen worden, sagte Seifen am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf.

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Die nordrhein-westfälische AfD will personelle Konsequenzen ziehen, um völkisch-nationalistische Äußerungen von Parteimitgliedern zu stoppen. Gegen den Münsteraner Bezirksvorsitzenden Steffen Christ soll laut Landeschef Helmut Seifen beim Landesschiedsgericht eine Amtsenthebung und eine Ämtersperre auf ein Jahr beantragt werden. Dies sei am Dienstagabend auf einer Landesvorstandssitzung mehrheitlich beschlossen worden, sagte Seifen am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf.

Christ bezeichnete die Entscheidung als ungerechtfertigt. Das Verfahren sei formaljuristisch falsch aufgesetzt und werde im Sande verlaufen, sagte er der dpa.

Der gebürtige Stuttgarter soll sich bei Facebook und im Messengerdienst WhatsApp in parteischädigender Weise geäußert haben. Unter anderem hatte er in einem Whatsapp-Chat geschrieben: „Ohne einen Bürgerkrieg light wie bei Erdogan wird es nicht laufen“.

Damit habe er bloß seiner Befürchtung Ausdruck verleihen wollen, dass es so käme, wenn die Altparteien die Probleme nicht lösten und es in Deutschland so weitergehe, erklärte Christ der dpa. Er habe nicht zu einem Bürgerkrieg aufrufen wollen. Zudem stamme die Äußerung vom Jahresende 2017. Damals sei er gerade erst Bezirkssprecher in Münster geworden.

Manche frühere Äußerungen seien „grenzwertig“ gewesen und er würde sie heute nicht mehr so machen, räumte er ein. Allerdings habe der Parteiflügel um Seifen ihm keine Gelegenheit gegeben, das auszuräumen. Niemand könne ihm vorwerfen, sein Amt missbraucht zu haben. Die Anhörung beim Landesschiedsgericht werde zeigen, dass es keinen akuten Grund für eine Amtsenthebung gebe.

Im vergangenen November hatte Christ in einer Rede in Bottrop von einem „Asyl-Tsunami“ gesprochen und gesagt: „Es ist höchste Zeit, die Zugbrücke wieder hochzuziehen und die Krokodile im Burggraben zu füttern und nicht die Schmarotzer aus aller Welt.“ Dies sei „eine Metapher“ gewesen, um Auswüchse der Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu beschreiben, erklärte Christ. „Niemand sagt, dass man Krokodile mit Flüchtlingen füttern soll - Blödsinn!“

Wegen ähnlicher Chats und Äußerungen werde der Landesvorstand außerdem ein Parteiausschlussverfahren gegen ein einfaches AfD-Mitglied beantragen, kündigte Seifen an. Diese Entscheidung sei einstimmig bei zwei Enthaltungen der insgesamt elf anwesenden Vorstandsmitglieder gefallen. Das AfD-Mitglied habe unter anderem das Bombardement auf Dresden während des Zweiten Weltkriegs „in unangemessener Weise mit dem Holocaust in Beziehung gebracht“.

Etwa ein Dutzend zusätzlicher Fälle würden geprüft und an die Arbeitsgemeinschaft Verfassungsschutz der AfD in Berlin weitergeleitet. Der Landesvorstand habe sich bereits mit zwei weiteren „unspektakulären Fällen“ befasst. Im Fall eines Bundestagsabgeordneten aus Westfalen habe schon der Bundesvorstand eine Abmahnung ausgesprochen, ein weiterer werde noch von der AfD in NRW geprüft.

Die parteischädigenden Äußerungen im Netz störten die politische Arbeit der AfD, sagte Seifen. „Wir müssen als geschlossene Truppe dastehen und eine wirklich Alternative bieten. Dazu tragen solche Dinge nicht bei.“

Das WDR-Politik-Magazin „Westpol“ hatte kürzlich mehrere einschlägige parteiinterne Dokumente und Whatsapp-Chats veröffentlicht. Demnach soll etwa ein AfD-Mitglied geschrieben haben: „Warum sollte man nichts mit dem 3. Reich zu tun haben?? Es ist doch unsere Geschichte! Nur schämen muss man sich nicht dafür!!“ Der Kerpener AfD-Politiker Theo Gottschalk hatte solche Äußerungen als „Nazi-Sprech“ kritisiert.

Die AfD NRW hat sich in den vergangenen Wochen mehrere öffentlich ausgetragene Scharmützel geliefert - vor allem zwischen dem als gemäßigt eingeschätzten Seifen und seinem Co-Vorsitzenden Thomas Röckemann, der als Sympathisant des thüringischen AfD-Rechtsaußen Björn Höcke gilt. Röckemann hatte Seifen kürzlich vorgeworfen, er schade der Partei mit „Mutmaßungen“ einer „Machtübernahme“ durch den rechtsnationalen sogenannten Flügel um Höcke.

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