Angriff in Paris:"Charlie Hebdo" im Visier

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Polizisten sichern das Gelände nahe des früheren "Charlie Hebdo"-Gebäudes, wo der mutmaßliche Täter zwei Menschen angriff und schwer verletzte. (Foto: Getty Images)

Die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen habe ihn so "wütend" gemacht, dass er es "nicht ausgehalten" habe: Der Verdächtige des Angriffs vom Freitag rechtfertigt sich.

Von Nadia Pantel, Paris

Die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen habe ihn so "wütend" gemacht, dass er es "nicht ausgehalten" habe. Mit diesen Worten begründete der Mann, der am Freitagmittag in Paris einen Mann und eine Frau mit einer Axt schwer verletzte, seine Tat. Er habe das Satiremagazin Charlie Hebdo angreifen wollen, sagte er.

Bei dem Täter handelt es sich um einen Mann, der nach eigenen Angaben 18 Jahre alt ist. Er wurde in Pakistan geboren und kam vor drei Jahren nach Frankreich, wo er als unbegleiteter Minderjähriger aufgenommen und bis zur Volljährigkeit von der Jugendhilfe betreut wurde. Er habe keine radikalen Ansichten geäußert, sagte die zuständige Regionalbehörde. Frankreichs Innenminister sagte, der Täter sei nicht als potenzieller Terrorist eingestuft gewesen und sei folglich nicht überwacht worden. Er war allerdings wegen unerlaubten Waffenbesitzes polizeibekannt.

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Über den Angriff in der Nähe der ehemaligen "Charlie Hebdo"-Redaktionsräume werden immer mehr Details bekannt. Vieles deutet auf einen politischen Hintergrund hin.

Bei den zwei Opfern des Täters handelt es sich um eine 28-jährige Frau und einen 32-jährigen Mann, die für die Filmproduktionsfirma Premières Lignes arbeiten. Sie standen vor ihrem Büro auf dem Bürgersteig, um eine Zigarette zu rauchen. Die Firma befindet sich im elften Arrondissement von Paris, in demselben Haus, in dem bis zum Attentat 2015 auch die Redaktionsräume von Charlie Hebdo untergebracht waren. Die Redaktionsmitglieder arbeiten seit fünf Jahren aus Sicherheitsgründen an einem geheimen Ort. Eine Information, die den Täter nicht erreicht hatte.

Frankreichs Innenminister Darmanin spricht von "extrem kritischer" Bedrohungslage

Der Parisien zitiert aus Ermittlerkreisen, dass der Täter überlegt habe, das frühere Charlie-Hebdo-Gebäude anzuzünden. Videoaufnahmen zeigen, wie er vor dem Haus hin und her ging. Schließlich griff er zu der Axt, die er in einem Rucksack mitgebracht hatte. Die zwei Menschen, die er schwer am Kopf verletzte, kannte er nicht. Ihre beiden Mitarbeiter befänden sich "nicht mehr in Lebensgefahr", teilte die Produktionsfirma Premières Lignes am Samstag mit.

Ein 33-jähriger Mann, der am Freitag von der Polizei als "zweiter Tatverdächtiger" präsentiert worden war, wurde in der Nacht auf Samstag aus der Haft entlassen. In einem Interview erklärte der in Frankreich lebende Algerier, wie er die Schreie der Opfer gehört habe und einen Mann habe fliehen sehen. Er habe den Mann, den später geständigen Täter, bis zum Bahnsteig der Metro verfolgt und ihn zu Rede gestellt, dort habe dieser ihn mit einem Teppichmesser bedroht und sei in die Metro eingestiegen.

Der 33-Jährige ging daraufhin zur Polizei am Tatort, um zu melden, was er gesehen hatte. Gleichzeitig wurden von anderen Beamten Videoaufnahmen ausgewertet, die die Unterhaltung der zwei Männer auf dem Bahnsteig zeigen. Der 33-Jährige wurde daraufhi als Tatverdächtiger in Gewahrsam genommen. Seine Anwältin kommentierte: "Ein junger Mann, der sich benommen hat wie ein Held, wurde wie ein Terrorist behandelt."

Der Angriff erfolgte im Kontext des sogenannten Charlie-Prozesses. Bis Mitte November werden in Paris die Anschläge auf die Redaktion des Satiremagazins, der Mord an einer Polizistin und die Geiselnahme in einem jüdischen Supermarkt verhandelt. Die Anschlagserie, bei der insgesamt 17 Menschen ums Leben kamen, dauerte vom 7. bis zum 9. Januar 2015. Die Terrormiliz Islamischer Staat und al-Qaida reklamierten jeweils einen Teil der Morde für sich. Die drei Haupttäter Chérif und Saïd Kouachi und Amedy Coulibaly wurden getötet.

Auf der Anklagebank sitzen heute jene, die geholfen haben sollen, die Waffen zu beschaffen. Zu Prozessbeginn veröffentlichte Charlie Hebdo erneut Mohammed-Karikaturen auf dem Titel, dazu die Überschrift "Tout ça pour ça", all dies nur dafür.

Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin sagte am Sonntag: "Wir befinden uns im Krieg gegen den islamistischen Terror und wir müssen diesen Krieg gewinnen." Er fügte hinzu, dass sich das Land in einer "extrem kritischen" Bedrohungslage befinde. "Vielleicht haben wir das kollektiv ein wenig zur Seite geschoben", so Darmanin.

© SZ vom 28.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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