In der Debatte um neue Regeln für mehr Organspenden hat eine Gruppe von Abgeordneten eindringlich für die doppelte Widerspruchslösung geworben. Die bisherige Entscheidungslösung, nach der sich potenzielle Organspender aktiv dafür entscheiden müssen, habe nicht ausreichend gefruchtet, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Jeder könne zu einem Patienten werden, der auf ein Organ warte. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte: "Es sterben jedes Jahr um die 2000 Menschen auf der Warteliste."
Der von der Gruppe vorgelegte Gesetzentwurf sieht vor, dass sich grundsätzlich jeder Bürger ab 18 Jahren entscheidet, ob er zur Organspende im Fall des eigenen Hirntods bereit ist. Jugendliche ab 16 Jahren sollen laut Spahn die Möglichkeit bekommen, sich aktiv als Organspender zu melden.
Debatte im Bundestag:Wie die Organspende neu geregelt werden kann
Gilt jeder erstmals automatisch als Spender - oder muss die Entscheidung in einem Register hinterlegt werden? Im Bundestag haben sich zwei fraktionsübergreifende Gruppen gebildet. Die Argumente im Überblick.
Bevor die Bürger sich in puncto Organspende entscheiden, werden sie umfangreich informiert. Später sollen sie ihre Entscheidung jederzeit revidieren können. Widerspricht man nicht oder trifft keine Entscheidung, wird man als Spender registriert. Vor einer Organentnahme soll der Arzt zusätzlich den nächsten Angehörigen fragen müssen, ob diesem ein schriftlicher Widerspruch oder ein der Entnahme entgegenstehender Wille bekannt ist.
"Es wird niemand zu irgendetwas gezwungen", sagte der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein. Die Linke-Abgeordnete Petra Sitte sprach von einem "solidarischen Akt" gegenüber den Mitmenschen. Vollzogen werde dieser erst in der Sterbephase - "während des Ablebens". Die Widerspruchsregelung sei unbürokratisch, ethisch unbedenklich, effizient und sicher, sagte Lauterbach. In 20 von 28 EU-Staaten gelte bereits eine Widerspruchslösung, betonte Spahn.
Bereits am Wochenende stieß der Vorschlag auf breite Kritik. Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, nannte die sogenannte "Widerspruchslösung" im Deutschlandfunk "unnötig und schädlich".
Der Bundestag soll ohne Fraktionszwang über eine Reform entscheiden. Eine Gruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock will, dass die Bürger Erklärungen zur Organspende beim Abholen eines Ausweises abgeben können. Die Entscheidung könnte in einem Zentralregister erfasst werden, wobei sie jederzeit revidierbar wäre.