Österreich:Papierkriege vor dem Wahlkampf

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Der frühere Bundeskanzler Sebastian Kurz (links) und der ehemalige Finanzminister Gernot Blümel, beide ÖVP, mussten in der Causa Cofag, in der es um die Auszahlung von Covid-Geldern ging, kürzlich eine gerichtliche Niederlage einstecken. (Foto: Franz Perc/Imago)

Milliardärsdichte in der ÖVP? Benkos Netzwerk? Warum Untersuchungsausschüsse in Österreich doch interessant sein könnten.

Von Cathrin Kahlweit

Ich muss gestehen: Als ich von den beiden neuen Untersuchungsausschüssen hörte, die im Wahljahr 2024 einen Teil der politischen Energie ab- und aufsaugen werden, war ich ziemlich genervt. Einer von SPÖ und FPÖ gegen die ÖVP. Und einer von der ÖVP gegen SPÖ und FPÖ. Wer braucht das?

Ersterer - die Bevorzugung von ÖVP-nahen Milliardären bei der Auszahlung von Covid-Geldern durch die Cofag (Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes) - klingt wie ein kolossal verkopftes Doppelkonstrukt, das Verwaltungshandeln durchleuchten, in Wahrheit aber vor allem beweisen will, wie gern die Volkspartei geneigten und mächtigen Unternehmern/Spendern/Nabobs zu Diensten ist. Wissen wir aber schon.

Die problematische Struktur und die Überförderung durch die Cofag hat zudem der Bundesrechnungshof schon aufgespießt, und das Verfassungsgericht hat im Oktober die ganze Konstruktion für verfassungswidrig erklärt. Peinlicher geht es nicht für Ex-Kanzler Sebastian Kurz und seinen Finanzminister Gernot Blümel. Aber der Vorwurf von schlechtem Verwaltungshandeln mit politischer Schlagseite war ihnen schon immer egal.

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Was den Untersuchungsausschuss angeht, den die Regierungspartei ÖVP plant, so soll es um den Missbrauch von öffentlichen Geldern unter SPÖ- und FPÖ-Regierungsbeteiligungen gehen. Jessas, geht es noch genereller? Papierkrieg, Aktenwahnsinn? Und das, obwohl im Frühsommer, wenn es in den Nationalratswahlkampf geht, alles schon wieder vorbei sein muss?

Für diesen Rundumschlag hat die ÖVP ihren Regierungspartner, die Grünen, bei der Suche nach Gegnern außen vor gelassen. Dabei ist es nicht so, dass die ÖVP ihren Partner nicht vor allem als Gegner betrachtet (aber das ist bei der deutschen Ampelkoalition nicht anders), sondern dass sie mit diesem Gegner noch ein Jahr lang regieren will. Also wird ein Ausschuss ins Leben gerufen, der alles und nichts untersuchen soll und mit dem Namen "Retourkutsche" ausreichend klar bezeichnet ist.

Nachdem ich also anfangs ziemlich genervt war, bin ich als politische Journalistin und Österreich-Korrespondentin inzwischen durchaus erwartungsfroh gestimmt. Denn zumindest der Ausschuss, der die Milliardärsdichte im ÖVP-Lager checken soll, hat seit dieser Woche einen topaktuellen Fokus: die Signa und René Benko. Und wenn man mit dem Fraktionsführer der SPÖ, dem U-Ausschuss-Profi Jan Krainer, redet, dann könnte man fast glauben, das sei so geplant. Denn überraschend kommt die Signa-Pleite ja nicht, und wer da wem welche Investoren, Bankkontakte und Finanzamtsvorteile verschafft hat, dürfte noch sehr spannend werden.

Die Tagesordnung dürfte so aussehen: wochenlang Kurz-Freund Benko - und dann noch ein bisschen Putin- und Kurz-Freund Siegfried Wolf. Das könnte letztlich doch sehr interessant werden.

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