Österreich:Es fehlt an Führung

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Energieministerin Leonore Gewessler wirkt im Vergleich zu ihrem deutschen Kollegen Robert Habeck oft hilflos. (Foto: LEONHARD FOEGER/REUTERS)

Die österreichische Regierung macht beim Krisenmanagement keine gute Figur - das wird erst recht deutlich, wenn es einen direkten Vergleich mit Deutschland gibt.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Was ist eigentlich los in Österreich? Gibt es in Wien so etwas wie ein Krisenmanagement? Der Unterschied, wie man auf höchster politischer Ebene mit dem drohenden Aus von russischem Gas umgeht, wurde in dieser Woche sehr deutlich vor Augen geführt, als der deutsche Vizekanzler Robert Habeck in Wien weilte. Der deutsche Grüne versteht es, die Probleme direkt anzusprechen. So schwört er die Menschen in Deutschland darauf ein, dass es allen "sehr wehtun" werde, sollte der Gasfluss aus Russland dauerhaft gestoppt werden.

Ausgerechnet bei seinem Wien-Besuch deutete Habeck an, dass die Priorisierung der Versorgung von Privatverbrauchern im Falle eines dramatischen Energiemangels überdacht werden müsse. Die Industrie könne nicht automatisch nachgereiht sein, darüber müsse man "nachdenken", sagte Habeck, der Wirtschafts- und Klimaschutzminister ist - in dieser Reihenfolge, wie sich in den vergangenen Wochen sehr deutlich gezeigt hat.

Die Grünen in Deutschland reagieren pragmatisch und haben auch bisherige Dogmen geräumt: So wird nun massiv auf Kohle gesetzt, obwohl dies dem Erreichen der Klimaschutzziele nicht gerade dienlich ist. Habeck warnt explizit die deutsche Umwelthilfe vor Klagen gegen den beschleunigten Bau von Import-Terminals für verflüssigtes Erdgas. Umweltschützer sehen ein Unterwasser-Biotop und Schweinswale gefährdet. Nur vor einer Verlängerung der Laufzeit der noch drei noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke über den Jahreswechsel hinaus schrecken die Grünen in Deutschland zurück - noch.

Aber es wird intensiv daran gearbeitet, die Diversifizierung der Energiequellen voranzutreiben. In Deutschland hat man es geschafft, die Abhängigkeit von russischem Gas seit Kriegsausbruch in der Ukraine von 55 Prozent auf etwa 35 Prozent zu reduzieren. Dabei ist Österreich viel stärker als Deutschland auf russische Gaslieferungen angewiesen, bislang hat es mehr als 80 Prozent aus Russland bezogen. Außerdem sind die Gasspeicher in Österreich nur zu 48 Prozent gefüllt, während in Deutschland immerhin 64 Prozent erreicht sind.

In Wien macht die zuständige grüne Ministerin Leonore Gewessler einen vergleichsweise hilflosen Eindruck - obwohl sie mit den Agenden Energie, Verkehr und Umweltschutz weitaus mehr Kompetenzen als Habeck hat. Die Energieversorger beklagen sich bereits über die fehlenden Notfallpläne aus der Politik und sehen sich nach alternativen Energieträgern um - Öl etwa. Dabei müssten solche Vorgaben von der Politik kommen.

Die Regierung insgesamt vermittelt nicht gerade Vertrauen, denn sie lässt Handeln vermissen. Der grüne Vizekanzler Werner Kogler schwurbelt in dem ihm eigenen Sprachstil herum und Kanzler Karl Nehammer ist jüngst immer wieder verhaltensauffällig. Seine Aussage angesichts der Krisensituation, dass es ohnehin nur zwei Entscheidungen gebe, Alkohol oder Psychopharmaka, war völlig deplatziert.

Angesichts dessen, was in der Ukraine passiert, ist auch Kriegsrhetorik unpassend wie jene, dass "die Inflation" zum "Feind" erklärt wird. Wenn sogar die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mickl-Leitner fordert, "es braucht eine klare Führung in der Regierung", dann sollte sich nicht nur ihr Parteifreund, der Kanzler, Sorgen machen.

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