Österreich-Kolumne:Wohin die Energie fließt

Lesezeit: 2 min

Der sogenannte Lufthunderter ist ein Tempolimit von 100 statt 130 zur Verbesserung der Luftqualität. Wegen verbesserter Luftwerte ist er nun auf einem sieben Kilometer langen Abschnitt der Inntalautobahn zwischen Imst und Landeck auch im Winter aufgehoben worden. (Foto: Imago)

Lufthunderter, Schwimmbäder, Hochschulen: Eine Landtagsdebatte erzählt viel über Tirol - und unsere Gesellschaft.

Von Dominik Prantl

In der vergangenen Woche habe ich mich aus privatem wie aus beruflichem Interesse gleichermaßen in eine Sitzung des Tiroler Landtags eingeklinkt. Dazu muss man kein Journalist oder Großkopferter sein. Das kann jeder per Livestream im Internet tun, sofern es da gerade Debatten gibt (also im Landtag, nicht im Internet). Das Portal bietet einen wunderbaren Einblick in den Politikbetrieb des Landes, die Gemütsverfassung so manchen Volksvertreters und manchmal auch in die Tiroler Seele. Es wird dort aber auch schlicht unsere Lebensqualität verhandelt.

Am Mittwoch ging es zum Beispiel mal wieder um eines meiner Lieblingsthemen: den Lufthunderter, also das Tempolimit von 100 statt 130 zur Verbesserung der Luftqualität. Erst wenige Tage zuvor war diese Einschränkung wegen - he, gute Nachricht! - verbesserter Luftwerte auf einem sieben Kilometer langen Abschnitt der Inntalautobahn zwischen Imst und Landeck nun auch im Winter aufgehoben worden. Damit kommt man endlich eine weitere sagenhafte Minute früher in den Skigebieten des Westens an. Die sich gerne als Menschenschutzpartei gerierende FPÖ würde den Lufthunderter auch auf den Autobahnabschnitten weiter östlich nur zu gerne kippen, weil es sich bei diesem "grünen Relikt" (FPÖ-Jargon) natürlich um eine unerträgliche Schikane aller freiheitsliebenden Menschen handelt. Die anderen Parteien sehen das ein wenig anders, worüber man sich auch dann freuen darf, wenn man so gerne Auto fährt wie ich.

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Tags darauf dann gleich das nächste - und das ist keineswegs ironisch gemeint - Hammerthema: Schwimmbäder. Auch hier bin ich als Familienvater freilich nicht ganz objektiv. Gab es 2011 noch 154 Schwimmbäder in Tirol, waren es im vergangenen Jahr nur noch 90. Etliche weitere stehen vor der Schließung, einige davon waren Sehnsuchtsorte meiner Töchter, die das Wasser noch mehr lieben als rosa Einhörner. Entsprechend emotional verlief auch die Debatte: So bekam der zuständige Sportreferent und Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer Schwimmflügel geschenkt - auch deshalb, weil er die versprochene Bäderstudie nicht vorlegen konnte. Dabei herrscht parteienübergreifend Einigkeit darüber, dass niemand die Bäder schließen will. Nur ließen die steigenden Energie- und Erhaltungskosten keinen anderen Schritt zu.

Später kamen dann ganz andere Summen ins Spiel, als sie für den Erhalt eines Schwimmbads nötig wären: Der inzwischen seit Jahren diskutierte Neubau des Innsbrucker Management Center MCI, einer Fachhochschule, soll statt der ursprünglich veranschlagten 138 Millionen nun 250 Millionen Euro kosten, vielleicht aber auch mehr. Die Tiroler Opposition spricht von einem Debakel und fordert von Dornauer - der ist auch hier als Hochbaureferent zuständig - die Offenlegung der Verträge. Möglicherweise spricht es aber einfach nur für unsere Gesellschaft, ob nun in Österreich oder auf der ganzen Welt, dass so manche ihre Energie liebend gerne auf der Autobahn verheizen und zu viel Geld für Bauprojekte zahlen, als dorthin zu investieren, wo die Menschen Spaß haben können.

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