Österreich:Keine Wanze ist's gewesen

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FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. (Foto: Leonhard Foeger/Reuters)
  • Ende Januar rief FPÖ-Chef und Vizekanzler Strache den Wanzen-Alarm aus - er werde in seinem Büro abgehört.
  • Knapp zwei Monate später liegt nun aber der Untersuchungsbericht des für Spionageabwehr zuständigen Verfassungsschutzes vor.
  • Was da hinter einer Spiegelwand verborgen war, war keine Wanze, sondern nur ein alter Lautsprecher mit angeschlossenen Kabeln.

Von Peter Münch, Wien

Natürlich ist es ein Donnerschlag, wenn der Vizekanzler der Republik Österreich den Wanzen-Alarm ausruft: Eine Abhöreinrichtung! In seinem Büro! Hinter einer Spiegelwand! Angesichts solcher Ungeheuerlichkeiten konnte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kaum anders, als von einem "unfassbaren Skandal" zu sprechen, "demokratiepolitisch äußerst bedenklich".

Ende Januar war das, kurz vor der Landtagswahl in Niederösterreich. Knapp zwei Monate später liegt nun aber der Untersuchungsbericht des für Spionageabwehr zuständigen Verfassungsschutzes vor. Das Ergebnis: Keine Wanze ist's gewesen, die da in der Mauer auf der Lauer lag, sondern nur ein alter Lautsprecher mit angeschlossenen Kabeln, die in grauer Vorzeit ins Ministerbüro verlegt worden waren, um Parlamentsdebatten zu übertragen. Doch vielleicht ist auch dieser Befund "demokratiepolitisch äußerst bedenklich".

Strache nämlich setzt sich nun dem Verdacht aus, den "Abhörskandal" als politisches Ablenkungsmanöver genutzt zu haben. Die Aufregung darüber wurde just zu jener Zeit geschürt, als die FPÖ im niederösterreichischen Wahlkampf durch eine Affäre um ihren Spitzenkandidaten Udo Landbauer ins Trudeln geriet, in dessen Burschenschaft ein Liederbuch mit antisemitischen Texten gefunden worden war.

Der FPÖ-Chef jedenfalls scheute keine Mühen, dieses schnell zum "Wanzengate" avancierte Thema hochzuhalten. Der Kronen Zeitung, die da gern behilflich war, vertraute er an: "Das ist doch Wahnsinn, da wird man als Vizekanzler angelobt und nur wenige Tage später wird aufgedeckt, dass mein Büro verwanzt ist." Bestätigt wurde die Wanzen-Theorie sogleich von einem Sprecher des ebenfalls FPÖ-geführten Verteidigungsministeriums. Obendrauf kam schließlich noch die Geschichte eines mysteriösen Einbrechers, der angeblich in Straches Ministerbüro ertappt wurde und dann die Flucht ergreifen konnte.

Der Untersuchungsbericht des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), der nun vom Magazin Falter und den Salzburger Nachrichten bekannt gemacht wurde, klingt dann doch weniger nach John Le Carré. Ganz profan sind die Beamten der Spur der Kabel gefolgt, die am Ende zu einem Verteilerkasten führten. Dort fand sich ein Klebestreifen mit der Aufschrift "Parlamentsleitung". Das Fazit der Verfassungsschützer: "Es wird festgestellt, dass bis dato keinerlei Hinweis gefunden werden konnte, welche für eine illegale Abhörung sprechen."

Von Strache und der FPÖ gab es zunächst noch keinen Kommentar zu dieser Aufklärung. Allerdings sind die FPÖ-Granden gerade auch anderweitig sehr beschäftigt. Innenminister Herbert Kickl räumt nämlich gerade in eben jenem Bundesamt für Verfassungsschutz auf, das den ganzen Kabelsalat aufgeklärt hat. Es geht um den Vorwurf des Amtsmissbrauchs, eine Hausdurchsuchung hat es schon gegeben, der Leiter wurde suspendiert. Strache raunte schon, dass sich dort ein "Staat im Staat" gebildet habe. Irgendwo ist immer ein Skandal.

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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