Die Bewegung braucht Aufmerksamkeit - und sie weiß sie herzustellen. Die Unterstützer der "Occupy Wall Street"-Kampagne in den USA prägen mit ihren kreativen, teils martialischen Kostümen die linke Protestkultur. Seit Wochen protestieren Amerikaner gegen die ungleiche Verteilung von Wohlstand, gegen anhaltende Arbeitslosigkeit, Banken und das Finanzsystem. Die Idee weniger Studenten, die Wall Street zu besetzen, wuchs zu einer Bewegung, über die Medien weltweit berichten. Nicht nur die Masse an Demonstranten zieht Aufmerksamkeit auf sich - auch die Kreativität, mit der sich die Unterstützer von Occupy Wall Street inszenieren, lockt Fotografen an. Gute Motive sind garantiert. Egal ob ein notdürftig gebastelter Karton, ...
... oder ein riesiges Banner - "Occupy" ist überall. Das Motto prangt auf Plakaten, T-Shirts, Regenschirmen ...
... und manchem Demonstranten sogar quer über den Mund. Dieser New Yorker im Zuccotti Park fühlt sich zensiert - und beschwert sich auf eine leise Art.
Das Leitmotiv, das die Menschen zusammenschweißt, heißt "99 Prozent". Die Demonstranten rufen: "Wir sind die 99 Prozent, die die Gier und Bestechung des einen Prozents nicht mehr hinnehmen wollen." Sie fühlen sich von Amerikas reichstem Prozent der Bevölkerung hintergangen und kritisieren die soziale Ungleichheit in den USA. Während sich die Reichen ein schönes Leben machten, müsse die Mehrheit der Amerikaner in Unsicherheit leben und unter den Folgen der Finanzkrise leiden.
99 gegen 1. Einige Teilnehmer der Kundgebungen - wie dieser Mann in Austin, Texas - zeigen der Welt das Leitmotiv des Protests auf eine blutrünstige Art.
Dieses Symbol der Kämpfer auf der Freedom Plaza in Washington verdeutlicht: Nicht alleine, sondern gemeinsam bilden wir die 99 Prozent.
Während Barack Obama Verständnis für die Proteste äußerte, bezeichnete der Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus, Eric Cantor, die Demonstranten als "Mob".
Die Beteiligten sehen das anders. "Wir, das Volk": Die ersten Worte der US-amerikanischen Verfassung stehen in großen Lettern in Washington. Auf der Freedom Plaza liegt ein meterlanges Banner mit der Präambel der Verfassung aus, das Demonstranten unterschreiben.
Bunte Blickfänge bieten die marschierenden Demonstranten und die Platzbesetzer in ganz Amerika. Sie mögen wenig Geld haben, doch sie haben Ideen ...
... und wissen, nach welcher Logik die Medien arbeiten. In einem Marie-Antoinette-Kostüm lässt sich zum Beispiel gut die Dekadenz kritisieren, ohne ein Wort zu sagen. Die Fotografen freut's. "Wenn sie kein Brot haben, sollen sie Kuchen essen." Das soll Marie Antoinette geantwortet haben, als man ihr vorhielt, dass die Armen sich kein Brot kaufen können. Diesen Spruch macht sich eine Frau im New Yorker Zuccotti Park während des Protests zunutze.
Gruselig geschminkt ziehen Unterstützer von Occupy Wall Street als "Corporate Zombies", als Untote der Konzerne, durch Manhattan. Auch wenn sie nach eigenen Aussagen nicht viel davon haben, nutzen Demonstranten immer wieder "Geld" als Mittel ihres Protests. Die Zombies zum Beispiel kauen Geldscheine, ...
... und ein Mann in New York funktioniert die Ein-Dollar-Münze zur Maske um. Die Aktivisten verleihen der Raffgier der Finanzeliten ein Gesicht.
Wer sich als Robin Hood verkleidet und in einer kleinen Schiffsflotte den Chicago River entlangpaddelt, kann sich neugieriger Blicke sicher sein.
Occupy Wall Street
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Auch die Wahl der Orte, an denen die Demonstranten durch amerikanische Großstädte ziehen, ist symbolträchtig. In Manhattan sind die Proteste zum Beispiel im Spiegel der Aktienkurse zu sehen.
Demonstranten besetzen die Finanzviertel, etwa hier in Boston. Zwei Welten treffen aufeinander: Nobelkarossen neben linken Aktivisten.
Mit ihren Zelten, Platzbesetzungen und Kundgebungen bringen die Aktivisten Unruhe in den ohnehin hektischen Alltag der Finanzwelt.
Ihr Zorn richtet sich auch gegen die Privathäuser vermeintlicher Gegner: Die Demonstranten besuchen den Medienmogul Rupert Murdoch, Hedge-Fonds-Größe John Paulson und Bankchef Jamie Dimon in ihren Privathäusern in New York.
Auf einer Milliardärs-Tour ziehen die Aktivisten durch die mondänen Wohnviertel zwischen der Fifth Avenue und der Park Avenue. Am Samstag werden Unterstützer der Occupy-Bewegung erstmals auch in Europa auf die Straßen gehen. Unter anderem in Madrid, London, Frankfurt am Main, Wien, Paris, Rom, Bratislava und Athen.