Obamas Plan für die US-Wirtschaft:Kompromissbereit bis zum Verderben

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Er braucht den Erfolg - dringend. US-Präsident Barack Obama muss den Jobmarkt wiederbeleben, um die miese Stimmung im Land zu drehen und seine Wiederwahl zu sichern. Sein Problem: Die Republikaner mauern, die eigenen Leute sind enttäuscht. Obama reagiert mit ausufernder Kompromissbereitschaft. Ob das hilft, ist mehr als fraglich.

Reymer Klüver

Eines war von vornherein klar: Barack Obama hatte noch kein Wort verloren in seiner mit großer Fanfare angekündigten Rede zur Ankurbelung der US-Konjunktur, er hatte den im Sitzungssaal des Repräsentantenhauses versammelten Kongressabgeordneten und Senatoren noch nicht einen seiner Pläne für die Schaffung von Arbeitsplätzen erläutert - da war schon absehbar, dass seine Vorschläge niemandem gut genug sein werden.

Zwei Millionen Amerikaner haben seit Obamas Amtsantritt ihre Arbeit verloren. Der US-Präsident, hier am Labour Day in Detroit, will ein Programm zur Schaffung von Arbeitsplätzen vorschlagen. (Foto: dpa)

Nicht den Republikanern, die alles daransetzen, dem angeschlagenen Präsidenten einen politischen Erfolg zu verweigern. Und auch nicht seinen demokratischen Parteifreunden, die nur noch mit Schwierigkeiten ihre Enttäuschung über einen Präsidenten verbergen können, der, anstatt einmal auf den Tisch zu hauen, immer wieder den Kompromiss mit dem politischen Gegner sucht. Dabei haben die Republikaner sich ihm in den vergangenen Monaten ein ums andere Mal verweigert. Und die amerikanische Öffentlichkeit ist ohnehin zutiefst skeptisch, dass Obamas Vorschläge noch etwas bewegen werden. Fast zwei Drittel sagen inzwischen, dass seine Pläne nichts taugen. Zwei Millionen Amerikaner haben seit Obamas Amtsantritt ihre Arbeit verloren, die Arbeitslosenquote stagniert bei 9,1 Prozent.

Das waren keine guten Eingangsvoraussetzungen für die Rede, in der Obama ein "sinnvolles Konjunkturpaket" schnüren wollte, wie sein Sprecher Jay Carney vorab formulierte. Sinnvoll sollte heißen: Vorschläge, die vielleicht den Hauch einer Chance haben, den von den Republikanern dominierten Kongress zu passieren. Kernstücke sind die Verlängerung eines Lohnsteuernachlasses, eine Verlängerung der Arbeitslosenhilfe und Steuernachlässe für Arbeitgeber, die neue Arbeitsplätze schaffen; außerdem zusätzliche Finanzmittel für die Reparatur maroder Schulen sowie Beihilfen für die Bundesstaaten, um die weitere Entlassung von Angestellten des öffentlichen Dienstes - vor allem Lehrer - zu verhindern. Der größte Brocken ist dabei der Lohnsteuernachlass, der allein 200 Milliarden Dollar in die Wirtschaft pumpen würde.

Kompromissbereitschaft als Strategie

Tatsächlich hat der Präsident keine Wahl: Er muss auf die Republikaner zugehen, wenn er eine Chance haben will, Maßnahmen zur Konjunkturförderung durch den Kongress zu bringen, die - vielleicht - helfen, rechtzeitig vor der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr die niedergedrückte Stimmung in den USA noch etwas aufzuhellen. Ein größer angelegtes Konjunkturprogramm, wie es nicht wenige Wirtschaftsexperten empfehlen, lehnen die Republikaner strikt ab. Allenfalls über den Lohnsteuernachlass wollen sie mit sich reden lassen. Allerdings knüpfen sie daran eine Bedingung: Die zusätzliche Milliardenbelastung für das US-Budget soll durch neue Sparmaßnahmen wettgemacht werden. Auch wenn Obama das mit langfristigen Einsparungen in Aussicht stellte, dürfte ihnen das nicht genügen: Sie wollen gleich sparen. Es ist also alles andere als ausgemacht, dass sie am Ende wirklich zustimmen werden.

Deshalb verfolgt Obama eine Art Doppelstrategie. Zunächst hofft er wirklich auf eine Einigung. Politisch würde ihm das am meisten bringen. Sollte das aber nicht klappen, hätte seine Rede im Kongress der Nation dokumentiert, dass er weiterhin zum Kompromiss bereit ist und die Republikaner eher den Lohnsteuernachlass auslaufen lassen, als sich mit ihm zu einigen. Damit, so das Kalkül, ließe sich dann auch bei mieser Konjunktur Wahlkampf machen. Noch ehe Obama gesprochen hatte, war sein Sprecher Carney auf allen Fernsehkanälen schon mit der entsprechenden Botschaft präsent: Sollten die Republikaner nicht mitmachen, wären sie verantwortlich für "Washingtoner Untätigkeit, die der Wirtschaft Schaden zufügt und die Amerikaner frustriert".

Einen Erfolg können die Republikaner jedoch bereits verbuchen: Sie haben - einmal mehr - dem Präsidenten ihre Agenda aufgezwungen. Anstatt Geld für Steuernachlässe lockerzumachen, hätte er wohl mehr Milliarden etwa in eine Infrastrukturbank gesteckt. Sogar der Lohnsteuernachlass ist keineswegs Obamas erste Wahl. Er hätte lieber einen Steuernachlass verlängert, von dem Arbeitnehmer mit niedrigem und mittlerem Einkommen profitierten. Doch den hatten die Republikaner bereits 2010 blockiert. Durchgesetzt hatten sie dagegen Steuernachlässe für Besserverdienende.

© SZ vom 09.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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