NSU-Prozess:Möglicher Auftritt von Zschäpes Gefängniswärterin verzögert sich

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Beate Zschäpe zwischen ihren neuen Anwälten Hermann Borchert (links) und Mathias Grasel (rechts). Links außen sitzen ihre drei "Altverteidiger" Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl. (Foto: dpa)
  • Ein möglicher Auftritt von Beate Zschäpes Gefängniswärterin im NSU-Prozess verzögert sich.
  • Zschäpes Verteidiger will den entsprechenden Antrag erst nächste Woche stellen.
  • Er wird damit versuchen, das Gericht von der Glaubwürdigkeit Zschäpes zu überzeugen.

Aus dem Gericht von Wiebke Ramm

Verteidiger Hermann Borchert lässt die Prozessbeteiligten warten. Sein für diesen Mittwoch angekündigter Antrag, Beate Zschäpes Gefängniswärterin im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München als Zeugin zu hören, verzögert sich. Erst nächste Woche werde Borchert ihn stellen, teilte Richter Manfred Götzl zu Beginn des Verhandlungstages mit.

Borchert hatte am Vortag gesagt, eine Beamtin aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) München-Stadelheim solle über Zschäpes Verhalten in der Untersuchungshaft Auskunft geben. Das Gericht hat offenkundig Interesse daran, die JVA-Beamtin zu hören. Richter Götzl erkundigte sich bei dem Verteidiger, ob die Zeugin gegebenenfalls auch kurzfristig vor Gericht erscheinen könne, was Borchert bejahte.

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Sie soll Auskunft über Zschäpes Verhalten in der Untersuchungshaft geben - daran dürften auch die Opferanwälte Interesse haben.

Aus dem Gericht von Wiebke Ramm

Schon das Antwortverhalten Zschäpes auf Fragen des Gerichts führte zu wochenlangen Verzögerungen. Der Richter hatte Zschäpe Fragen um Fragen gestellt. Ihr Verteidiger Mathias Grasel schrieb mit. Und nach Wochen des Wartens verlas Verteidiger Borchert die wohl überlegten Antworten. Nachfragen des Gerichts führten zu einer Wiederholung des zeitraubenden Prozederes. Nun lässt der Beweisantrag auf sich warten. Der Verhandlungstag endete am Mittwoch bereits nach einer Stunde. Denn Zschäpes langjährige Verteidiger - Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl - wollten zunächst den Antrag von Borchert abwarten, bevor sie weitere Fragen an Psychiater Henning Saß stellen.

Die Frage bleibt, warum Borchert den Umweg über die Gefängniswärterin geht

Nebenklagevertreter Sebastian Scharmer sah hingegen keinen Anlass zu warten. Er nahm die mögliche Aussage der JVA-Beamtin einfach vorweg. Nicht nur Scharmer geht davon aus, dass die Zeugin vor allem über Zschäpes Kontakte zu Mithäftlingen mit Migrationshintergrund berichten soll. Denn Psychiater Saß hatte in seinem Gutachten über Zschäpe unter anderem festgestellt, dass es keinerlei Hinweise dafür gebe, dass sich an der rechtsextremen Einstellung der mutmaßlichen NSU-Terroristin etwas geändert hat.

"Herr Professor Saß, wenn man unterstellt, dass sich Frau Zschäpe in den letzten fünf Jahren vollkommen beanstandungsfrei in U-Haft geführt hat, änderte dies etwas an den Ergebnissen Ihrer Begutachtung?", fragte Opferanwalt Scharmer den Gutachter. Saß' Antwort dürfte etwaige Hoffnungen der Verteidigung zunichtemachen. "Es wäre eine interessante Information", sagte Saß: "Grundsätzlich wäre aber zu berücksichtigen, dass sich bei Frau Zschäpe über die vielen Jahre im Untergrund die Haltung sehr tief eingeschliffen haben dürfte, sich bedeckt zu halten und einen unauffälligen Eindruck zu machen."

Saß hat bereits deutlich gemacht, dass er Zschäpes Angaben im Prozess wenig Glauben schenkt. Er findet in ihrem kontrollierten Verhalten vor Gericht, in den Aussagen von Zeugen und in den Akten mehr Belege für die Anklagevorwürfe als für ihre behauptete Unschuld. Dass Zschäpe über die vorwiegend rassistisch motivierten Taten entsetzt gewesen sein will, ihre Lebensgefährten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt angeblich vom Weitermorden abhalten wollte, aber nicht konnte, überzeugt ihn nicht. Er hält sie weiter für gefährlich.

Verteidiger Borchert versucht, das Gericht von der Glaubhaftigkeit Zschäpes zu überzeugen. Die JVA-Beamtin soll dabei helfen. Die Frage bleibt, warum Borchert den Umweg über die Gefängniswärterin geht und nicht doch Zschäpe selbst sprechen lässt. Nur so könnten sich das Gericht und der Gutachter einen Eindruck ihrer Persönlichkeit machen. Auch nach bald vier Jahren Verhandlung hat die Angeklagte vor Gericht lediglich wenige Worte selbst gesprochen. Ihre seitenlangen Erklärungen hat nicht sie, sondern ihr Anwalt vorgelesen. So erinnerte auch Richter Götzl schon am Dienstag daran, dass sich Zschäpe weiterhin "jederzeit" selbst äußern dürfe.

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