NRW muss an Kommunen zahlen:Entschädigung für Kita-Ausbau

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Das Verfassungsgericht von Nordrhein-Westfalen zwingt das Land, den Kommunen einen Ausgleich für den Ausbau der Kitas zu zahlen. Das Urteil hat Signalwirkung für andere Bundesländer.

Der Verfassungsgerichtshof in Münster hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass Städte und Landkreise in Nordrhein-Westfalen für zusätzliche Kosten bei der Kinderbetreuung einen Ausgleich erhalten müssen.

Die Bundesregierung will zusammen mit den Bundesländern und den Kommunen bis 2013 bundesweit für 35 Prozent der unter Dreijährigen Betreuungsplätze anbieten, weil es dann einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz gibt.  Die Unkosten der Kommunen müssen in NRW vom Land ausgeglichen werden. Das gilt möglicherweise auch für andere Bundesländer. (Foto: ddp)

Das Land muss demnach die Kommunen für den milliardenteuren Ausbau der Kleinkindbetreuung entschädigen. Die rot-grüne Regierung in Nordrhein-Westfalen erkennt das-Urteil uneingeschränkt an.

Die Beschwerdeführer hatten vor Gericht geltend gemacht, der Aufgabenbereich der Kommunen sei mit Inkrafttreten des Kinderförderungsgesetzes 2008 erheblich ausgeweitet worden. Unter anderem sieht das Bundesgesetz ab August 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für unter Dreijährige vor.

Trotz der damit verbundenen massiven finanziellen Mehrbelastung habe die frühere schwarz-gelbe Landesregierung aber keine Regelung für einen finanziellen Ausgleich getroffen.

Insgesamt 23 Städte und Kreise hatten vor dem Hintergrund geklagt, dass in der Landesverfassung von NRW seit 2004 das sogenannte Konnexitätsprinzip verankert ist.

"Dieses Prinzip verpflichtet den Landesgesetzgeber bei der Übertragung neuer oder der Veränderung bestehender kommunaler Aufgaben, gleichzeitig einen finanziellen Ausgleich für die entstehenden notwendigen, durchschnittlichen Ausgaben zu schaffen", sagte der Präsident des NRW-Verfassungsgerichtshofs, Michael Bertrams, in der Urteilsbegründung. Der Ausbau des Kita-Angebots bedeute "signifikante Änderungen". Damit greife die Regelung, dass ein Ausgleich nötig sei.

Ähnliche Regelungen finden sich auch in den Verfassungen anderer Flächenbundesländer. "Das Urteil hat Signalwirkung auch für andere Bundesländer, gerade bezüglich der 100-prozentigen Finanzierung der Mehrkosten", erklärte Städtetag-Vertreter Manfred Wienand.

"Der Zorn der Kommunen ist berechtigt", sagte NRW-Familienministerin Ute Schäfer (SPD) zu der gewonnenen Klage. Damit müsse nun die rot-grüne Koalition für Versäumnisse der CDU/FDP-Vorgängerregierung geradestehen und "nicht bezahlte Rechnungen begleichen". Die Regierung werde nun die überfälligen Gespräche zum Ausbau der Betreuungsangebote für unter Dreijährige führen und das erforderliche Beteiligungsverfahren mit den kommunalen Spitzenverbänden einleiten.

Der Vorsitzende der NRW-Grünen, Sven Lehmann, forderte, Städte und Kreise müssten nun schnellstens bei den ihnen unrechtmäßig aufgebürdeten Kosten für den Ausbau von Krippenplätzen unterstützt werden.

Nach Einschätzung von Manfrred Wienand vom Städtetag geht es in NRW in der Ausbauphase grob geschätzt um zwei Milliarden Euro. Durch das Urteil wird das Haushaltsloch des Landes NRW noch deutlich größer.

Grüne fordern Geld von der Bundesregierung

Die Grünen forderten nach dem Urteil mehr Geld von der Bundesregierung für den massiven Ausbau der Kinderbetreuung. "Das Urteil ist die Quittung für ein unsolides Finanzierungssystem im Kita-Bereich", teilten die Fraktionssprecherin für Kommunalpolitik, Britta Haßelmann, und die Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, Katja Dörner, in Berlin mit. Bund, Länder und Kommunen müssten alle ihren Beitrag zur Finanzierung des Ausbaus leisten.

Die Bundesregierung will zusammen mit den Bundesländern und den Kommunen bis 2013 bundesweit für 35 Prozent der unter Dreijährigen Betreuungsplätze anbieten, weil es dann einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz gibt. Der Bund unterstützt den Ausbau bundesweit mit vier Milliarden Euro, das entsprechende Bundesgesetz veranschlagt zusätzlich für die Länder und Kommunen einen Mehrbedarf von acht Milliarden Euro allein in der Ausbauphase von 2008 bis 2013.

2009 gab bundesweit für 20 Prozent der Kleinkinder Kita-Plätze - allerdings mit extrem unterschiedlichen Entwicklungen in den Bundesländern. Während im Osten einschließlich Berlin für nahezu jedes zweite Kleinkind ein Betreuungsplatz angeboten wird, schwanken die Werte bei den westdeutschen Flächenländern zwischen 17,6 Prozent in Rheinland-Pfalz und 11,6 Prozent in Nordrhein-Westfalen, das bei der Kleinkinderbetreuung mit Abstand Schlusslicht ist.

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