NRW: Haushalt vor Gericht:Die Schuldenfrage

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Bringt ein Gerichtsurteil die rot-grüne Regierung in NRW zum Scheitern? In Münster wird geklärt, ob der Nachtragshaushalt von Ministerpräsidentin Kraft verfassungswidrig ist. Kritische Fragen müssen sich alle Beteiligten gefallen lassen.

Ist Nordrhein-Westfalens Nachtragshaushalt verfasssungswidrig - und bringt ein Gerichtsurteil die rot-grüne Regierung zum Scheitern? Der Streit um die Finanzpolitik von Hannelore Krafts Minderheitsregierung in Düsseldorf ist in die entscheidende Phase getreten. Bei der mündlichen Verhandlung über den Nachtragsetat 2010 ließ das NRW-Verfassungsgericht in Münster Zweifel sowohl an der Argumentation der Regierung als auch der klagenden CDU/FDP-Opposition erkennen. Das Urteil soll am 15. März fallen.

Regierung und Opposition von NRW streiten vor dem Verfassungsgericht des Landes über den Nachtragshaushalt. (Foto: dapd)

Der Nachtragsetat sieht eine Erhöhung der Neuverschuldung um 1,8 Milliarden Euro vor. Damit würde es zu einer Rekordverschuldung des Landes von 8,4 Milliarden Euro kommen - was aus Sicht von CDU und FDP gegen die verbindliche Kreditobergrenze verstößt. Der Etat sieht unter anderem die Bildung von Rücklagen für Zahlungen an die Kommunen sowie eine 1,3 Milliarden Euro hohe Aufstockung des Sondervermögens für die angeschlagene WestLB vor. Sollten die Richter den rot-grünen Nachtragshaushalt kippen, könnte das bevölkerungsreichste Bundesland mittelfristig auf Neuwahlen zusteuern.

Laut Verfassung darf die Neuverschuldung die Summe der Investitionen nicht überschreiten - es sei denn, es liegt eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts fest. Bei der Verhandlung in Münster ging es unter anderem darum, ob diese Störung vorliegt. Die rot-grüne Regierung sagt ja, die Opposition dagegen bestreitet das.

In der Verhandlung hatte Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) die Position der Landesregierung verteidigt - im Interesse der Wirtschaft: Die Aufstockung des Sondervermögens für die WestLB sei wichtig, um ein Signal auszustrahlen, "dass der Staat bereit steht", sagte er. Die Wirtschaftsentwicklung sei schließlich noch labil.

Der Vorsitzende Richter Michael Bertrams hielt dagegen: Eine übermäßige Verschuldung könnte von den Märkten auch als gegenteiliges Signal aufgefasst werden. Darüber hinaus sei die Bereitstellung des Fonds an sich doch bereits als positives Signal zu werten, weitere 1,3 Milliarden Euro seien nicht nötig, so Bertrams.

Umstritten blieb in der mündlichen Verhandlung auch, ob der Nachtragshaushalt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt. Danach dürfen im Etat gebildete Rücklagen nicht über Kredite finanziert werden.

In diesem Zusammenhang mussten sich auch die Kläger kritische Rückfragen gefallen lassen. So bemängelte das Gericht Unschärfen in ihrer Argumentation zu zulässigen und gesetzwidrigen Rücklagen.

"Ergebnisoffene Diskussion"

Nach der rund zweistündigen Befragung wollten weder Landesregierung noch Opposition triumphieren und äußerten sich vorsichtig: Oppositionsführer Karl-Josef Laumann (CDU) sagte lediglich, nach der mündlichen Verhandlung könnten sich die Kläger in ihrer Entscheidung bestätigt sehen, den Verfassungsgerichthof gegen den Nachtragshaushalt anzurufen. FDP-Fraktionschef Gerhard Papke sprach von einer "sehr interessanten Verhandlung". Beim Urteil in einem Monat dürfe die Opposition womöglich auf ein "Signal gegen die hemmungslose Verschuldung" hoffen.

Dagegen bezeichnete Finanzminister Walter-Borjans die mündliche Verhandlung als "ergebnisoffene Diskussion". Das Gericht habe nicht erkennen lassen, zu wessen Position es neige.

In dem Haushaltsstreit hatten SPD und Grüne vor knapp vier Wochen eine Teilniederlage hinnehmen müssen: In einer einstweiligen Anordnung vom 18. Januar untersagte das Landesverfassungsgericht der Regierung, weitere Kredite auf Basis des Nachtragshaushaltsgesetzes 2010 aufnehmen. Außerdem machten die Richter es Rot-Grün zur Aufgabe, bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des Nachtragsetats die Kassenbücher für das Etatjahr 2010 offenzuhalten.

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