Nord Stream 2:Berlin beharrt auf Ostsee-Pipeline

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Das Schiff Audacia des Offshore-Dienstleisters Allseas verlegt in der Ostsee vor der Insel Rügen Rohre für die Gaspipeline Nord Stream 2. (Foto: dpa)
  • Vizekanzler Scholz (SPD) hat die amerikanischen Sanktionen wegen der umstrittenen Gasleitung Nord Stream 2 kritisiert.
  • Er bezeichnete es allerdings als "sehr unwahrscheinlich", dass die USA den Bau der Pipeline verhindern könnten.
  • Richard Grenell, Botschafter in Deutschland, sagte: "Wir stehen an der Seite von 15 europäischen Ländern, dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission, die Bedenken gegenüber Nord Stream 2 hegen."

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die Bundesregierung rechnet fest damit, dass die umstrittene Gasleitung Nord Stream 2 trotz der US-Sanktionen fertiggestellt wird. Das verlautete am Sonntag aus Regierungskreisen in Berlin. Die Haltung der Bundesregierung zu diesem Projekt sei unverändert, hieß es weiter. Das Nord-Stream-2-Konsortium teilte mit, man wolle die Pipeline so bald wie möglich weiterbauen.

Die USA drohen Firmen mit Konsequenzen, die sich am Bau der Pipeline beteiligen. Konkret betroffen sind die Spezialschiffe, welche die Rohre verlegen. Nord Stream 2 bestätigte, dass das dafür zuständige schweizerisch-niederländische Unternehmen Allseas seine Arbeit ausgesetzt habe. Allseas sollte den letzten Abschnitt der Pipeline in dänischen Gewässern verlegen. Nun soll notfalls eine russische Firma einspringen. Die Pipeline soll Russland durch die Ostsee direkt mit Deutschland verbinden und 1200 Kilometer lang werden. Dem Vernehmen nach sind noch 300 Kilometer Rohre zu verlegen. Die Arbeiten waren am Samstag zunächst gestoppt worden, nachdem US-Präsident Donald Trump ein Sanktionsgesetz in Kraft gesetzt hatte.

Trumps Ziel ist es, das Projekt noch zu verhindern. Er fordert von Deutschland und den Europäern, statt russischen Gases amerikanisches Flüssiggas zu kaufen. Die Bundesregierung wies die Sanktionen als "Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten" zurück. Eine Regierungssprecherin sagte, die Regierung lehne "derartige exterritoriale Sanktionen" ab. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) kritisierte Trumps Vorgehen. Dieses sei ein "schwerer Eingriff in die inneren Angelegenheiten Deutschlands und Europas und der eigenen Souveränität". Er bezeichnete es als "sehr unwahrscheinlich", dass Sanktionen den Bau der Pipeline verhindern könnten.

"Danke, Donald Trump"

Nach der harschen Kritik des Vizekanzlers verschärfte sich der Ton zwischen den USA und Deutschland weiter. Richard Grenell, Botschafter der USA in Deutschland, verteidigte den US-Präsidenten gegen die Vorwürfe. "Danke, Donald Trump", twitterte Grenell am Samstagabend. Er betonte, die Sanktionen seien im europäischen Interesse. "Wir stehen an der Seite von 15 europäischen Ländern, dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission, die Bedenken gegenüber Nord Stream 2 hegen". Die Position der US-Regierung sei "pro-europäisch".

Der US-Botschafter sagte, die USA wollten, dass die Europäer ihre Energiequellen diversifizierten. Es dürfe keine Abhängigkeit von einem einzelnen Land entstehen. Viele europäische Diplomaten hätten sich für die US-Sanktionen bedankt.

Nord Stream 2 ist die zweite Pipeline durch die Ostsee, die direkt von Russland nach Deutschland führt. Sie wird vom russischen Staatskonzern Gazprom sowie fünf europäischen Energieunternehmen gebaut. Staaten wie die Ukraine und Polen sind gegen das Projekt, sie müssen auf Durchleitungsgebühren verzichten. Um die Sorge zu zerstreuen, hatte sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) für eine Grundsatzeinigung zwischen Kiew und Moskau über weitere Gaslieferungen eingesetzt. Am Donnerstag war ein Durchbruch erreicht worden.

© SZ vom 23.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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