Neukaledonien:Ureinwohner boykottieren Referendum

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Am Sonntag stimmten die Neukaledonier gegen ihre Unabhängigkeit von Frankreich. Doch wie es in der ehemaligen Kolonie jetzt weitergehen soll, bleibt auch nach dem Referendum unklar.

Von Maximilian von Klenze, München

Neukaledonien bleibt ein Teil Frankreichs. Bei einem Referendum am Sonntag stimmten 96,5 Prozent für einen Verbleib des Pazifik-Archipels in der Republik. Jedoch boykottierten weite Teile der Unabhängigkeitsbewegung die Abstimmung. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 43,9 Prozent. Bei zwei vorangehenden Referenden betrug sie noch 81 und 85 Prozent. In manchen Wahlkreisen blieben die Urnen dieses Mal völlig leer. Damit zeichnet sich eine Spaltung der Inselgesellschaft in zwei Lager ab.

Präsident Macron sagte, die Abstimmung bestätige "den von der Mehrheit der Neukaledonier geäußerten Willen, in der französischen Nation zu bleiben". Und an die Neukaledonier gewandt: "Frankreich ist stolz darauf, euer Vaterland zu sein."

Die mehrheitlich an einer Unabhängigkeit interessierten Kanaken - so heißen die neukaledonischen Ureinwohner - erkannten das Ergebnis hingegen nicht an. Bis zuletzt hatten sie gefordert, das Referendum wegen der Corona-Pandemie zu verschieben. Das Virus hatte sie deutlich härter getroffen als die zu Frankreich tendierenden Nachfahren der Siedler, die Loyalisten.

Roch Wamytan, der Kopf der Unabhängigkeitsbewegung, kündigte am Wahlabend an, die Legitimität des Referendums vor den Vereinten Nationen zu bestreiten. Dort steht Neukaledonien seit 1986 auf der " Liste der zu dekolonisierenden Länder". Noch ist unklar, wie dieser juristische Streit ausgeht.

Nun fehlt die Basis für Verhandlungen über die Zukunft des Landes

Klar ist aber: Von nun an fehlt Loyalisten und Kanaken die gemeinsame politische Basis, um über die Zukunft ihres Landes zu verhandeln. Das müssen sie aber. Denn mit dem Referendum laufen eine Reihe von Übergangsregelungen aus.

Unter anderem muss geklärt werden, wer in Neukaledonien künftig wählen darf. Um eine Marginalisierung der Kanaken zu verhindern, versprach der französische Staat ihnen einst, dass neu hinzugezogenen Franzosen nicht wählen dürften. Diese vorläufige Regelung widerspricht aber dem französischen Universalismus, demzufolge jeder Bürger das gleiche Stimmrecht hat. Bei einer endgültigen Aufnahme Neukaledoniens in die französische Republik müsste ein neuer Kompromiss ausgehandelt werden.

Vertreter der Kanaken wiederholten am Wahlabend, dass sie mit der aktuellen französischen Regierung nicht sprechen werden. Sie wollen erst die Präsidentschaftswahl im Mai abwarten. Und dann ein neues Referendum verlangen.

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