Nach Empörung über Holocaust-Spruch:Berlusconi erklärt sich zum Freund der Deutschen

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Silvio Berlusconi während einer Pressekonferenz im April in Rom (Foto: AFP)

"Für die Deutschen haben KZ nie existiert", behauptete Silvio Berlusconi am Wochenende. Nun überrascht Italiens Ex-Premier mit deutschfreundlichen Aussagen - und einem Rat an Jean-Claude Juncker, den konservativen Spitzenkandidaten für die Europawahl.

Nach abfälligen Äußerungen über Deutsche hat der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi nun versöhnliche Töne angestimmt.

In einer Erklärung auf der Website seiner Partei Forza Italia erklärt sich Berlusconi zum "Freund" des deutschen und des jüdischen Volks. Wörtlich heißt es: "Es ist surreal, mir anti-deutsche Gefühle oder eine mutmaßliche Feindseligkeit gegenüber dem deutschen Volk zuzuschreiben, dessen Freund ich bin". Ohne auf seine Entgleisungen konkret einzugehen, geht Berlusconi in seiner Erklärung zum Gegenangriff auf die "europäische Linke" über.

Die Äußerungen Berlusconis, der die Deutschen indirekt als Holocaust-Leugner bezeichnet hatte, waren zuvor von den Spitzenkandidaten der europäischen Konservativen und Sozialdemokraten scharf kritisiert worden.

Regierungssprecher nennt Berlusconis Aussagen absurd

Berlusconi hatte sich am Samstag bei einer Wahlkampfveranstaltung über seine Beleidigung des SPD-Politikers Martin Schulz 2003 im Europaparlament geäußert. Damals hatte er den Deutschen als ideale Besetzung für die Filmrolle eines KZ-Aufsehers bezeichnet. Er habe Schulz nicht beleidigen wollen, aber aus der Äußerung sei ein Skandal geworden, weil "für die Deutschen die Konzentrationslager nie existiert" hätten, sagte Berlusconi am Wochenende.

Seine Forza Italia gehört wie etwa auch die deutsche CDU der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) an. In Berlin reagierte Regierungssprecher Steffen Seibert gelassen auf Berlusconis Äußerungen. "Die Behauptungen, die da aufgestellt werden, sind so absurd, dass die Bundesregierung sie nicht kommentiert", sagte er. Die SPD hatte erklärt, das Schweigen der Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden Angela Merkel sei skandalös.

EVP-Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker hat inzwischen Berlusconi zur Rücknahme seiner abfälligen Äußerungen über Deutsche aufgefordert. Die Äußerungen hätten ihn "angewidert", erklärte Juncker in Brüssel. "Ich fordere Herrn Berlusconi auf, seine Äußerungen unverzüglich zurückzunehmen und sich bei den Überlebenden des Holocausts und bei den deutschen Bürgern zu entschuldigen." "Es gibt Dinge, über die man sich nicht lustig macht", erklärte Juncker.

Juncker würdigt deutsche Hilfe für EU-Staaten

Dies gelte in der europäischen Geschichte insbesondere für die "Gräueltaten während des Holocaust", durch die Millionen unschuldige Menschen getötet worden seien. Juncker nannte es inakzeptabel, dass Berlusconi die Rolle der Deutschen während der Euro-Krise kritisiert hatte. Er würdigte die deutsche Unterstützung für die EU-Krisenstaaten.

Juncker erhielt nun seinerseits einen Ratschlag von Berlusconi. Mit Blick auf die Empörung über seine KZ-Sprüche warnte er seinen EVP-Parteifreund, nicht in ähnliche Fallen der Linken tappen. Es sei "schmerzhaft und bedauerlich", dass seine Aussagen von der Linken aufgebauscht und aus dem Kontext gerissen worden seien.

© SZ.de/AFP/dpa/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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