Nach Auftritt des syrischen Präsidenten:USA kritisieren Assads Rede als realitätsfern

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Die internationale Gemeinschaft reagiert verärgert auf die jüngste Fernsehansprache des syrischen Präsidenten: Die US-Regierung sagt, Assad habe alle Legitimität verloren, Ägyptens Präsident Mursi bringt einen Kriegsverbrecherprozess ins Spiel. Teheran dagegen stärkt Assad den Rücken.

Die erste öffentliche Rede des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad seit Monaten ist international überwiegend auf Unverständnis gestoßen und mit Rücktrittsforderungen quittiert worden. Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi sprach sich indirekt sogar für einen Kriegsverbrecherprozess gegen Assad aus: In einem Interview des US-Senders CNN sagte er am Sonntag auf die Frage, ob er für ein solches Verfahren sei: "Nicht ich will es, das syrische Volk will es ... und wir unterstützen das syrische Volk."

Assad hatte bei seiner Rede am Sonntag eine Zusammenarbeit mit seinen Gegnern kategorisch ausgeschlossen. Er werde nicht mit Banden, Extremisten oder "Marionetten" des Westens verhandeln. Als Gegenleistung versprach er all jenen, die ihr Land nicht "verraten" hätten, politische Reformen, eine neue Verfassung und Regierung sowie die Freilassung von Gefangenen. Als Voraussetzung für eine politische Lösung verlangte Assad, dass der Westen und arabische Länder ihre Hilfe für die "Terroristen" einstellten.

Die US-Regierung nannte die Äußerungen des syrischen Präsidenten "realitätsfern". "Assad hat alle Legitimität verloren und muss zur Seite treten, um eine politische Lösung und einen demokratischen Übergang (...) zu ermöglichen", erklärte Außenamtssprecherin Victoria Nuland in Washington.

"Mehr als scheinheilig"

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte nach Angaben ihres Sprechers: "Wir werden sorgfältig prüfen, ob es in der Rede irgendetwas Neues gibt, aber wir halten an unserer Position fest, dass Assad beiseite treten und einen politischen Wandel zulassen muss."

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte: "Statt erneut martialischer Töne sollte er endlich den Weg für eine Übergangsregierung und einen politischen Neuanfang in Syrien freimachen." Der britische Außenminister William Hague nannte die Rede "mehr als scheinheilig". Im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb er: "Der Tod, die Gewalt und die Unterdrückung, die sein Land verschlingen, sind von ihm selbst gemacht, leere Reformversprechen täuschen niemanden."

Nach Ansicht des türkischen Außenministers Ahmet Davutoglu sind Assads Vorschläge für Reformen leere Versprechen. Der syrische Präsident könne nach dem Tod von Zehntausenden Menschen keine Führungsrolle mehr beanspruchen. Zudem müsse er die syrische Opposition anerkennen.

Die Aufständischen haben in den vergangenen Monaten gerade im Norden Syriens militärische Erfolge verbucht und haben inzwischen auch die Hauptstadt Damaskus umringt. Immer mehr Angehörige des Sicherheitsapparats desertieren. Das Regime wehrt sich massiv mit Luftschlägen und Bodenoffensiven in den Unruheregionen. Täglich beklagen Regimegegner mehr als hundert Opfer.

Iran begrüßt Assads Plan

Iran hat Assad unterdessen Unterstützung für seinen Plan zugesichert. "Die Islamische Republik unterstützt die Initiative von Präsident Assad für eine globale Beilegung der Krise", erklärte der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi am Montag laut einer Mitteilung des Ministeriums. Assads Plan weise "Gewalt, Terrorismus und die Einmischung von außen zurück und schlägt einen umfassenden politischen Prozess vor", hieß es.

Iran ist Syriens enger Verbündeter und unterstützt die Führung in Damaskus seit Beginn des blutigen Konflikts im März 2011 bedingungslos. Salehi rief die syrischen Konfliktparteien und die internationale Gemeinschaft dazu auf, die "Gelegenheit" zu nutzen, die Assads Plan biete, um Sicherheit und Stabilität in Syrien wieder herzustellen und zu verhindern, dass sich die Krise auf die gesamte Region ausweite.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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